Heft 1
Helm Stierlin & Josef Duss-von Werdt (1982): Zu diesem Heft: Familie in der Zeit — Zeit in der Familie. In: Familiendynamik 7(1), S. 1-1
Eleanor S. Wertheim (1982): Zeit, Geschichte und Familientherapie. In: Familiendynamik 7(1), S. 2–18
abstract: Ihrem Wesen nach ist Zeit ein Prinzip, mit welchem wir Wahrnehmungen von Bewegung ordnen, und nicht etwas, das es an sich gibt. Für diese Ordnung gibt es verschiedene Zeitmodelle: Zeit als Folge immer wiederkehrender Zyklen, als lineares, nicht umkehrbares Fortschreiten, als „biologische Uhr“ usw. Auch die Geschichte ist nicht etwas, das unabhängig vom Menschen als Historiker existiert, sondern sie wird von ihm je neu geschaffen, als subjektive Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durch mehr oder weniger deutliche Markierungen unterteilt. Systemisch orientierte Familientherapie ist nicht ahistorisch, sondern interessiert sich mehr für die formalen Aspekte der Familiengeschichte, nicht so sehr für deren Inhalte. Für die formale Analyse der Makro- und Mikrostruktur der Familienzeit einen Rahmen zu skizzieren, ist die Hauptabsicht des Aufsatzes. Erste Erfahrungen zeigen, daß diese Analyse neue Einsichten in das Funktionieren von Systemen ermöglicht und neue Interventionsmöglichkeiten eröffnet.
Roland Schleiffer (1982): Familienhistorische Anmerkungen zur Familientherapie. In: Familiendynamik 7(1), S. 19–30
abstract: Die Arbeit befaßt sich mit einigen sozialgeschichtlichen Voraussetzungen der Möglichkeit von und des Bedürfnisses nach Familientherapie als „angewandter Familiensoziologie“. Als Ausgangspunkt dient hierzu das familientherapeutische Konzept von Boszormenyi-Nagy, dessen pekuniär-ökonomische Metaphorik bestimmte familienhistorische Vorstellungen impliziert. Diese werden mit Ergebnissen der historischen Familienforschung verglichen.
Helm Stierlin (1982): Der Dialog zwischen den Generationen über die Nazizeit. In: Familiendynamik 7(1), S. 31–48
abstract: Anläßlich vieler von ihm als Therapeut geleiteter Familiengespräche stellte sich der Verfasser die Frage: Welche Rolle spielte die Vergangenheit von deutschen Eltern, die die Nazi-Epoche mitgestaltet hatten und zum Teil aktive Nazis gewesen waren, in der Beziehung zwischen den Generationen? Es zeigte sich, daß diese Vergangenheit nur selten in einem offenen Dialog behandelt wurde. Der Aufsatz erörtert und illustriert an klinischen Beispielen verschiedene Konsequenzen dieses Tatbestandes.
Rosmarie Welter-Enderlin (1982): Familie, Arbeitswelt und Familientherapie. In: Familiendynamik 7(1), S. 49–61
abstract: Weder Familie noch Arbeitswelt existieren im Vakuum: eine Binsenwahrheit, die auf der einen und der andern Seite dennoch häufig übersehen wird. Familienprobleme hängen nicht selten mit der Situation von Beteiligten am Arbeitsplatz zusammen, aber auch Schwierigkeiten in der Arbeit stehen oft im Zusammenhang mit ungelösten Familienkonflikten. Sowohl in der Theorie wie auch in der Praxis der Familientherapie engt die vorwiegend auf Familienstrukturen beschränkte Sicht- und Handlungsweise das Finden von Lösungen z. B. durch Aktivierung von Ressourcen außerhalb des Familiensystems ein. Noch sind traditionelle Rollenmuster zwischen Mann und Frau vor allem in der Mittelschicht am weitesten verbreitet. Gründe dafür liegen sowohl in intrafamilialen Machtverhältnissen als auch in unflexiblen wirtschaftlichen Strukturen. Obwohl der Grundkonflikt durch Familientherapie nicht gelöst werden kann, sollten Familientherapeuten über alternative Arbeitsmuster Bescheid wissen und den betroffenen Familienmitgliedern Handlungsspielraum und -Strategien aufzeigen, mit denen sie ihre individuellen und familiären Anliegen besser durchsetzen können. Dies gilt nicht nur für Familienväter und -mütter, sondern auch für Jugendliche, welche auf der Suche nach anderen Existenzformen in Krisen geraten. Konzepte aus der Soziologie familiärer Machtverhältnisse wie auch aus der Arbeitspsychologie (insbesondere psychologische Handlungstheorien) können hier von Nutzen sein.
Jörg Kaspar Roth (1982): „Menschliche Systeme“. Bericht vom 7. Internationalen Symposium für Familientherapie vom 23. bis 26. September 1981 in Zürich. In: Familiendynamik 7(1), S. 62-66
Günther Emlein (1982): Rezension – Barbara Beuys: Familienleben in Deutschland. Neue Bilder aus der deutschen Vergangenheit. In: Familiendynamik 7(1), S. 67-69
Constantina Manika (1982): Rezension – Dieter Beck: Krankheit als Selbstheilung. Wie körperliche Krankheiten ein Versuch zu seelischer Heilung sein können. Mit einem Nachwort von Elisabeth Kübler-Ross. In: Familiendynamik 7(1), S. 70-71
Dieter Hanhart (1982): Rezension – Gudrun Cyprian: Sozialisation in Wohngemeinschaften. Eine empirische Untersuchung ihrer strukturellen Bedingungen. In: Familiendynamik 7(1), S. 71-72
Urs Abt (1982): Rezension – Gerti Elliger-Gonser: Glücklich wohnen mit Kindern. Ein praktisches Sachbuch für Eltern und solche, die es werden wollen. In: Familiendynamik 7(1), S. 72-72
Verena Krähenbühl (1982): Rezension – Hannes Friedrich et al.: Soziale Deprivation und Familiendynamik. Studien zur psychosozialen Realität von unterprivilegierten Familien und ihrer Veränderung durch ausgewählte Formen sozialer Praxis. In: Familiendynamik 7(1), S. 73-74
Louise F.W. Eckhoff (1982): Rezension – Derek Gill: Illegitimacy: Sexuality and the Status of Women. In: Familiendynamik 7(1), S. 74-75
Alex Ammann (1982): Rezension – Hans Hamm (Hrsg.): Allgemeinmedizin — Familienmedizin. In: Familiendynamik 7(1), S. 75-75
Marc Nevejan (1982): Rezension – Lee Headly: Erwachsene und deren Eltern in gemeinsamer Therapie. Ziele, Methoden, Lösungen. In: Familiendynamik 7(1), S. 76-77
Marie-Louise Duss-von Werth (1982): Rezension – Andreas Iten: Die Sonnenfamilie. Ein Familienbeziehungstest im Spiegel von Kinderzeichnungen. In: Familiendynamik 7(1), S. 77-78
Vreni Middendorp (1982): Rezension – Helen Singer Kaplan: Disorders of Sexual Desire and Other New Concepts and Techniques in Sex Therapy. The New Sex Therapy, Vol. II. In: Familiendynamik 7(1), S. 78-79
Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch (1982): Rezension – Hans Leuner (Hrsg.): Katathymes Bilderleben — Ergebnisse in Theorie und Praxis. In: Familiendynamik 7(1), S. 79-80
Peter Petersen (1982): Rezension – Willi Pasini: Psychosomatik in Sexualität und Gynäkologie. In: Familiendynamik 7(1), S. 80-82
Michael B. Buchholz (1982): Rezension – Emily B. & John S. Visher: Stepfamilies — A Guide to Working with Stepparents and Stepchildren. In: Familiendynamik 7(1), S. 82-83
Adelheid Krautschik (1982): Rezension – E. J. Webster (Hrsg.): Entwicklungsgestörte Kinder — Was können Eltern zur Therapie beitragen? In: Familiendynamik 7(1), S. 83-83
Heft 2
Helm Stierlin & Josef Duss-von Werdt (1982): Zu diesem Heft: Methoden der Familientherapie. In: Familiendynamik 7(2), S. 95-95
Lawrence Fisher, Ann Anderson & James E. Jones (1982): Formen paradoxer Interventionen und Indikationen/Gegenindikationen für ihren Einsatz in der klinischen Praxis. In: Familiendynamik 7(2), S. 96–112
abstract: Die theoretischen Mechanismen, die die Grundlage paradoxer Interventionen bilden, werden kritisch durchleuchtet in der Absicht, sie in drei breite Kategorien einzuordnen: Umdeutung, Symptomeskalation/ Kriseninduktion und Umlenken. Eine Reihe von Patienteneigenschaften und -Problemen individueller und familiärer Art wird, bezogen auf den jeweiligen Typus der paradoxen Intervention und gemeinsam mit den Kontraindikationen, dargestellt. Schließlich werden die Implikationen für die Ausbildung erörtert und Vorsichtsmaßregeln für den Gebrauch paradoxer Interventionen aufgestellt.
Jochen Schweitzer & Gunthard Weber (1982): Beziehung als Metapher: Die Familienskulptur als diagnostische, therapeutische und Ausbildungstechnik. In: Familiendynamik 7(2), S. 113–128
abstract: Die Familienskulptur ist eine Technik, durch die die Beziehungen und das Verhalten der Familienmitglieder zueinander von der Familie selbst in einer metaphorischen Figur symbolisch dargestellt werden. Die „innere Landkarte“ über die Beziehungen wird in ein lebendiges Portrait projiziert und die sich wiederholenden Sequenzen der Interaktion in Bewegungen übertragen. Das In-Szene-Setzen des Familieninnenlebens in einer raum-zeitlichen Analogie eröffnet über das Medium der Sprache hinausgehende Möglichkeiten, die Familienprozesse sichtbar und unmittelbar erfahrbar zu machen.
Ewald Johannes Brunner, R. Brunner-Wörner & A. Odronitz-Dieterle (1982): Interaktionsanalyse in der system-orientierten Familientherapie. In: Familiendynamik 7(2), S. 129–138
abstract: In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, die methodologischen Voraussetzungen für eine Interaktionsanalyse zu beschreiben, die sich für eine systemisch orientierte familientherapeutische Denk- und Arbeitsweise ergeben. Zunächst werden einige Grundprobleme skizziert, die sich auf der Basis der veränderten Epistemologie ergeben. Dann werden theoretische Leitsätze formuliert, die sich an der kommunikationstheoretischen Fundierung der Familientherapie orientieren. Auf Grund der Theoreme werden Operationalisierungen für die entsprechenden empirischen Überprüfungen der Fragestellungen abgeleitet. Bei den Untersuchungsansätzen wird zwischen einer qualitativ-interpretativen und einer quantifizierend-formalen Vorgehensweise unterschieden.
Edda Klessmann (1982): Möglichkeiten der Integration einzel- und familientherapeutischer Ansätze: ein Erfahrungsbericht. In: Familiendynamik 7(2), S. 139–149
abstract: Praktiker verwirrt das heute zunehmende Angebot verschiedenster psychotherapeutischer Verfahren und Modelle, besonders wenn sie theoretisch als unvereinbar gelten. Anhand eines Beispiels, wo in der Therapie katathymes Bilderleben und systemisch orientierte Verschreibung verwendet wurden, soll folgendes gezeigt werden: Setzt man die Therapie im intrapsychischen Bereich eines Individuums an, muß sich das umgebende System mitverändern. Umgekehrt wird eine systemische Veränderung auch intrapsychische Prozesse in Gang bringen.
Michael Lukas Moeller (1982): Zur Theorie und Technik der Paargruppenanalyse. In: Familiendynamik 7(2), S. 150–158
abstract: Die Paargruppenanalyse verbindet die psychoanalytisch orientierten Konzepte von Paar- und Gruppentherapie. Das therapeutische Objekt der PGA ist die gemeinsame unbewußte Beziehung der Partner. Übertragung und Widerstand sind von beiden Partnern bestimmt, d. h. bipersonal. Ein weiteres Spezifikum besonders der von einem Kotherapeutenpaar geleiteten PGA ist die Gegenübertragungsbeziehung. In der Vielfalt der Ubertragungsphänomene ist die doppelte Hauptübertragung zu beachten: zu Therapeuten und zu Partner/in. Es lassen sich im Gruppenprozeß fünf Therapiephasen unterscheiden. Der Therapieerfolg wird in der Verminderung der bipersonalen Abwehrformation gesehen. Die These, daß die Indikation zur PGA die erste, allgemeine Psychotherapieindikation darstelle, wird abschließend begründet.
Hans Jellouschek (1982): Familientherapie – und die Folgen. In: Familiendynamik 7(2), S. 159–170
abstract: Ein konsequent durchgezogenes familientherapeutisches Arbeitskonzept hat für die betreffende Beratungsstelle vielerlei Folgen. Die Weichen für eine Arbeit mit der Familie als Ganzem werden schon beim telefonischen Erstkontakt gestellt. Die Festlegung des ersten Termins, der Behandlungsdauer und der Kostenbeteiligung sind weitere formale Anfangshürden im Umgang mit Familien. Welche Konsequenzen der familientherapeutische Ansatz schließlich für den Arbeitsstil der Berater (Einzel- oder Teamarbeit, Supervision), die personelle Struktur (Sozialarbeiter, Psychologe, Arzt) und den Rahmen des therapeutischen Angebotes der betreffenden Institution überhaupt hat, wird anhand eines Berichtes über die seit 1977 bestehende Familienberatungs- und Behandlungsstelle des Psychotherapeutischen Zentrums Stuttgart-Sonnenberg geschildert.
Sidney E. Jourard (1982): Ehe fürs Leben – Ehe zum Leben. In: Familiendynamik 7(2), S. 171–182
Jürg Willi (1982): Rezension – Josef Duss-von Werdt & Rosmarie Welter-Enderlin: Der Familienmensch. Systemisches Denken und Handeln. In: Familiendynamik 7(2), S. 183-184
Helm Stierlin (1982): Rezension – Alan S. Gurman & David P. Kniskern (Hrsg.): Handbook of Family Therapy. In: Familiendynamik 7(2), S. 184-186
Mara Selvini Palazzoli (1982): Rezension – Lynn Hoffman: Foundations of Family Therapy. A Conceptual Framework for Systems Change. In: Familiendynamik 7(2), S. 186-187
Verena Krähenbühl (1982): Rezension – Jerry M. Lewis: How’s Your Family? A Guide to Identifying Your Family’s Strengths and Weaknesses. In: Familiendynamik 7(2), S. 187-188
Constantina Manika (1982): Rezension – Alice Miller: Das Drama des begabten Kindes und die Suche nach dem wahren Selbst. In: Familiendynamik 7(2), S. 188-191
Constantina Manika (1982): Rezension – Alice Miller: Am Anfang war Erziehung. In: Familiendynamik 7(2), S. 188-191
Jürgen Hargens (1982): Rezension – Augustus Y. Napier & Carl A. Whitaker: Tatort Familie. Beispiel einer erfolgreichen Familientherapie. In: Familiendynamik 7(2), S. 191-192
Hans G. Preuss (1982): Rezension – Walter Schindler: Die analytische Gruppentherapie mach dem Familienmodell. Ausgewählte Beiträge, herausgegeben und eingeleitet von Dieter Sandner. In: Familiendynamik 7(2), S. 192-193
Josef Duss-von Werdt (1982): Rezension – Helm Stierlin, Ingeborg Rücker-Embden, Norbert Wetzel, Michael Wirsching: Das Erste Familiengespräch. Theorie — Praxis — Beispiele. In: Familiendynamik 7(2), S. 193-194
Heft 3
Helm Stierlin & Josef Duss-von Werdt (1982): Zu diesem Heft: Drogen als Familienproblem. In: Familiendynamik 7(3), S. 199-199
Rosmarie Welter-Enderlin (1982): Familienarbeit mit Drogenabhängigen. In: Familiendynamik 7(3), S. 200–210
abstract: Aus Studien ist bekannt, daß drogenabhängige junge Menschen meist eng verstrickt sind mit ihren Herkunftsfamilien, auch wenn sie geographisch von ihnen getrennt leben. Behandelt man die identifizierten Patienten isoliert von den (manchmal nicht leicht erkennbaren) wichtigsten Bezugspersonen, verpaßt man eine Chance, Ressourcen in ihrem sozialen Umfeld, zu welchem außer der Familie auch Ärzte, Lehrer, Arbeitgeber und Freunde gehören können, dem therapeutischen Prozeß nutzbar zu machen. Erfahrungen mit Familienarbeit bei Drogenabhängigen in den USA wie bei der Jugend- und Drogenberatungsstelle Drop-In Zürich zeigen, daß es sich lohnt, die nötige Motivationsarbeit zu leisten, um Eltern, Geschwister oder andere Beteiligte einzubeziehen, weil auf diese Art die Funktion des Suchtproblems im sozialen Netz erkannt und modifiziert werden kann. Das Ziel dieser Art Therapie besteht darin, den Patienten nicht nur von seiner Drogenabhängigkeit (mittels körperlichem Entzug und folgendem Rehabilitationsprogramm), sondern auch aus der mit seiner speziellen Rolle als „Retter“ seiner Familie oder einer andern sozialen Gruppe verbundenen Abhängigkeit zu lösen. Es wird versucht, auf Grund bisheriger Erfahrungen die Merkmale von Familien mit einem drogenabhängigen Jugendlichen zu beschreiben.
Dagmar Zimmer & Ambros Uchtenhagen (1982): Fixerehen – Fixerpaare. In: Familiendynamik 7(3), S. 211–227
abstract: Im Rahmen einer empirischen Untersuchung ergab sich, daß die Partnerbeziehung für Opiatabhängige in der Rehabilitation eine nicht unerhebliche Rolle spielt, jedoch bislang kaum in die Therapie einbezogen und allenfalls geduldet wird. In einigen Konzepten werden die Eltern einbezogen, die in dieser Lebensphase, in der sich die Rehabilitanden befinden, jedoch nur selten in enger Beziehung stehen. Zahlenmaterial zur Bedeutung der Partnerbeziehung wird vorgestellt und therapeutische Erfahrung aus der Paararbeit mit Opiatabhängigen beschrieben. Abschließend werden Folgerungen und Möglichkeiten der Konzeptualisierung diskutiert.
M. Duncan Stanton & Thomas C. Todd (1982): Widerstand zeigende Familien zur Behandlung verpflichten. In: Familiendynamik 7(3), S. 228–264
abstract: Viele Familien, denen das Angebot einer Familientherapie gemacht wird, sind kaum bereit, darauf einzusteigen. Diese Arbeit umfaßt den zweiten Teil einer Darstellungsreihe, wie „widerspenstige“ Familien zur Behandlung verpflichtet werden können. Es werden 21 Grundsätze und eine Anzahl Techniken und Strategien beschrieben, die entwickelt wurden, um diese Familien erfolgreich einzubeziehen. Diese Techniken sollten verwendbar sein, um widerstrebende Familien mit allen möglichen Formen von Störungen für eine Familientherapie zu gewinnen. Wir nehmen an, daß der Prozeß des Einbeziehens eine Veränderung der therapeutischen Philosophie erforderlich macht, da solche Familien oft in verzweifeltem Maß der Hilfeleistung bedürfen, für eine solche jedoch unerreichbar bleiben, wenn nicht die Therapeuten besondere Anstrengungen unternehmen, um an sie heranzukommen.
Martha Cleveland (1982): Familien und Drogenabhängigkeit von Jugendlichen: Strukturanalyse der familiären Rollen von Kindern. In: Familiendynamik 7(3), S. 265–283
abstract: Diese Arbeit befaßt sich mit einer Analyse der Rollen von Geschwistern in Familien mit Schwierigkeiten infolge der Drogenabhängigkeit eines jugendlichen Familienangehörigen. Sie gründet auf Datenmaterial, das im Laufe eines der Untersuchung struktureller Gegebenheiten in solchen Familien gewidmeten Forschungsprojektes gewonnen wurde. Die Analyse stellt gleichwertige Geschwisterrollen fest. Rollen wie „Elternkind“, „braves“ Kind und „symptomatisches“ Kind werden als diejenigen mit größter struktureller Auswirkung bezeichnet. Daneben werden vier Hilfsrollen: „Anwaltskind“, „Analytiker“, „Friedensstifter“, „Therapeut“ beschrieben. Es werden die strukturellen Einflüsse solcher Geschwisterrollen diskutiert und Vorschläge für entsprechende therapeutische Maßnahmen unterbreitet.
Ambros Uchtenhagen (1982): Die Familien Drogenabhängiger: Sozialpsychologische, psychodynamische und therapeutische Aspekte. Eine Zusammenstellung der Befunde aus der jüngeren internationalen Literatur. In: Familiendynamik 7(3), S. 284–297
abstract: Das internationale, vor allem amerikanische Schrifttum ist praktisch unüberblickbar geworden, weshalb hier jüngere Arbeiten zusammengestellt und referiert werden. Die meisten Befunde betreffen die Herkunftsfamilien drogenabhängiger Jugendlicher, deren Zusammensetzung, Funktionalität, Psychopathologie und Beziehungspathologie. Von besonderer Bedeutung sind die Untersuchungen zur aktuellen Situation solcher Familien, da sie die vielfältigen familiendynamischen Prozesse eher erkennen lassen und weniger zu voreiligen Schlußfolgerungen kausaler Art verführen. Ein noch wenig bearbeitetes Kapitel betrifft die Partner und Kinder von Drogenabhängigen; hier wird vor allem auf die oftmals übersehenen stabilisierenden Funktionen der Partner hingewiesen. Uber die Gefährdung der Nachkommen ist — wenn man von Geburtskomplikationen und Mißbildungen absieht — noch wenig Verläßliches bekannt. Erfahrungen mit familientherapeutischen Methoden sind vielversprechend, doch begegnet diese Arbeit deutlichen Grenzen der Durchführbarkeit.
Jürgen Schaltenbrand (1982): Die süchtige Familie und ihre Helfer. Kritische Bemerkungen zur Drogenarbeit in der Bundesrepublik Deutschland. In: Familiendynamik 7(3), S. 298–310
Hans G. Preuss (1982): Rezension – Michael Lukas Moeller: Anders Helfen. Selbsthilfegruppen und Fachleute arbeiten zusammen. In: Familiendynamik 7(3), S. 311-312
Cyril Hegnauer (1982): Rezension – Gisela Zenz: Kindesmißhandlung und Kindesrechte. Erfahrungswissen, Normstruktur und Entscheidungsrationalität. In: Familiendynamik 7(3), S. 312-312
Heft 4
Helm Stierlin & Josef Duss-von Werdt (1982): Zu diesem Heft: Der Mann als Vater. In: Familiendynamik 7(4), S. 315-315
Dörte von Westernhagen (1982): Der Januskopf – Ergebnisse einer Grabung. In: Familiendynamik 7(4), S. 316–330
abstract: In autobiographischer Form wird über die Rolle berichtet, die ein im 2. Weltkrieg als deutscher SS-Offizier gefallener Vater unbewußt im Leben seiner zwei Jahre vor seinem Tod geborenen Tochter spielen kann. Die späte bewußte und intensive Auseinandersetzung mit und Forschung nach ihm (nach einer persönlichen Lebenskrise) bringt neue Einsichten in die Familiendynamik und in die Mutter-Tochter-Beziehungen. Gleichzeitig ist die persönliche „Fallgeschichte“ eine Auseinandersetzung der jüngeren Generation mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und deren Bewältigung durch die Generation der Eltern, sowie mit Fragen der individuellen und kollektiven Schuld. Die Erkenntnis eigener Identifikation mit der Vergangenheit wird wegweisend für die Möglichkeit eines auf Verständnis und Zuhören aufbauenden Dialogs zur Überwindung der Ressentiments der jüngeren Generation gegenüber der älteren.
Marianne Krüll (1982): Die Väter der Großen im Spiegel des Werkes ihrer Söhne: Karl Marx und Sigmund Freud im Vergleich. In: Familiendynamik 7(4), S. 331–353
abstract: Karl Marx und Sigmund Freud, Schöpfer von zwei der einflußreichsten Theorien unserer Zeit, hatten Väter von einerseits erstaunlicher Ähnlich-, andererseits wesentlicher Unterschiedlichkeit. Marx wie Freud hielten ihre Theorien für objektiv und maßen wesentlichen Teilen davon absoluten Wahrheitsgehalt bei. Beide scheinen aber von ihren Vätern delegiert worden zu sein, stellvertretend deren eigenen unerreichten Lebensziele zu erfüllen. — Aus einer psychosoziologischen Perspektive werden die Werke von Marx und Freud miteinander verglichen und die Rolle ihrer Väter untersucht. Grundprämisse ist die Annahme, daß jede Theorie, insbesondere eine, die sich mit dem Menschen und der Gesellschaft befaßt, historisch und biographisch in den Lebenserfahrungen ihres Autors verwurzelt ist. In Erfüllung des von den Vätern erhaltenen Lebensauftrags rangen Marx wie Freud unbewußt mit ihren Theorien um Verständnis ihrer Wurzeln; damit sind diese Theorien trotz aller Größe subjektiv. Ähnliches scheint im Lebenswerk anderer großer Männer mitgewirkt zu haben.
Terry F. Perkins & James P. Kahan (1982): Ein empirischer Vergleich der Familiensysteme mit leiblichen Vätern und Stiefvätern. In: Familiendynamik 7(4), S. 354–367
abstract: Diese wissenschaftliche Untersuchung befaßt sich mit den Unterschieden zwischen Familiensystemen mit leiblichen Vätern und mit Stiefvätern. Vierzig Familien stellten sich freiwillig als Versuchsgruppen zur Verfügung. Sie setzten sich zusammen aus: Ehemann, Ehefrau und einem Kind zwischen 12 und 15 Jahren. Als Untersuchungsinstrumente wurden verwendet: a) das Family-Concept-Q-Sort, b) ein semantisches Differential, c) ein demographischer Fragebogen und d) ein In-teraktion-Reaktion-Fragebogen. Die Analyse der gewonnenen Daten ergab, daß das Stiefvater-Familiensystem in wesentlichen Punkten von dem natürlicher Familien abweicht, insbesondere in bezug auf psychologische Anpassung, Zufriedenheit mit der Familie, gegenseitiges Verständnis und die Beurteilung von Qualität und Stärke der jeweiligen Familienglieder. Diese Differenzen in den interpersonalen Beziehungen und der gegenseitigen Wahrnehmung beeinflussen das ganze Stiefeltern-Familiensystem und dessen Funktionstüchtigkeit.
Klaus G. Deissler (1982): Das Kübler-Ross-Phänomen in der Bewältigung existentieller Krisen und deren Bedeutung für die Beratung in Ehekrisen. In: Familiendynamik 7(4), S. 368–374
abstract: Am Beispiel der existenziellen Bedrohung einer Ehefrau im Laufe einer Scheidung wird die Bewältigung der existenziellen Krise nach dem Schema der von E. Kübler-Ross beschriebenen Phasen dargestellt. Die jeweiligen phasengerechten oder phasenwidrigen Interventionen werden durch Beispiele illustriert. Die einzelnen Phasen werden als Regression auf kindliche, unbewältigte Entwicklungs- oder Reifungsphasen gedeutet. Schwer pathologische Formen der Regressionen oder des Ausagierens werden erwähnt. Die Gefahren phasenwidriger psychotherapeutischer Interventionen werden betont. Die Kenntnis des Kübler-Ross-Phänomens, seiner Bedeutung und der phasengerechten und phasenwidrigen Interventionen als Beihilfe zur Bewältigung einer Ehekrise dürfte besonders für den Familientherapeuten hilfreich und notwendig sein.