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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Collaborative Influence

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Leser seien nicht lieb, grantelte vor einiger Zeit Ulrich Greiner in der ZEIT, “zumindest die guten nicht”. Ich weiß nun nicht, ob er damit auch LeserInnen von Blogs und anderen WebDings meinte, wie auch immer. Mir wär’s eher recht, wenn Greiner nicht recht hätte, das Bloggen ist mir schon noch recht fremd. Daher zögerte ich, als Tom Levold mich einlud, aktiv mitzumachen am Gestalten des Systemagazins. Im Prinzip bevorzuge ich immer noch handschriftliche Briefe gegenüber elektronischen Mit-Teilungen. Was ich zugebe: zumindest das Lesen dürfte einfacher gehen im BlogSatz. Was ich heute weitergeben möchte, wäre ein Hinweis auf eine zwar schon im Jahr 2000 veröffentlichte, aber m.E. immer noch passende Arbeit von Tom Strong über „Collaborative Influence“ (im Australian and New Zealand Journal of Family Therapy 21(3): 144-148).
Tom Strong, Associate Professor an der Universität Calgary, fasst einige grundlegende Gedanken zu dieser Art Therapieverständnis zusammen. Einerseits ist es nicht möglich, keinen Einfluss zu nehmen, andererseits ist es möglich, den eigenen Einfluss in den Dienst einer „shared intentionality“ zu stellen, was sich vielleicht übersetzen lässt mit: sich die eigenen Absichten gegenseitig zur Verfügung stellen, so dass so etwas entstehen kann wie ein genau für dieses Zusammenwirken passendes Wissen („local knowledge“), dessen Brauchbarkeit für genau diesen Fall ausgewertet und überprüft werden kann. Ein solches Verständnis unserer Arbeit ist – trotz seiner mittlerweile großen Bekanntheit – immer noch anstößig (so oder so), umso mehr in Zeiten, in denen die eigene Arbeit für manche nur dann anerkennenswert erscheint, wenn sie nach dem Muster „Ich habe bewirkt“ beschrieben wird. Das zeigt sich auch in der Ausgabe des ANZJFT, in der Strongs Beitrag erschien: Peter Churven hinterfragt Strongs Beitrag, insbesondere daraufhin, dass KlientInnen in TherapeutInnen eben oft die ExpertInnen für ihre Anliegen suchen. Churven sorgt sich darum, dass ein kollaboratives Verständnis von Therapie vielleicht zu einem Daherreden führen könne, das einer professionellen Verantwortung nicht gerecht werde. In seiner Replik auf Churvens Kritik unterstreicht Strong, dass kollaborative Ansätze sich deutlich von Beliebigkeit unterscheiden. Es sind die Ziele der KlientInnen, ihre Einschätzung des Nutzens der Zusammenarbeit, die klare Kriterien nach sich ziehen. „Collaborative Influence“ wäre somit kein Synonym für „schön miteinander geplaudert“, sondern dafür, erfolgreich miteinander Einfluss darauf genommen zu haben, dass sich im konkreten Lebens- und Sinngefüge der KlientInnen ein von diesen erlebbarer Gewinn ergibt. Der Aufsatz von Strong lässt sich im web unter folgendem link öffnen: http://www.anzjft.com/pages/articles/140.pdf. Churvens Replik und Strongs Antwort darauf unter: http://www.anzjft.com/pages/articles/141.pdf undhttp://www.anzjft.com/pages/articles/142.pdf

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