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Ambulante sozialpsychiatrische Versorgung von Kindern und Jugendlichen gefährdet

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systemagazin veröffentlicht an dieser Stelle eine Stellungnahme von DGSF und ASK zur Kündigung des Vertrages zur sozialpsychiatrischen Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher (Sozialpsychiatrievereinbarung) durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung, Ersatzkassen und viele Primärkassen von September 2008:

„Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie ist mit knapp 3000 Mitgliedern die größte Vereinigung von Familientherapeuten und -beratern in Deutschland. Ihr Arbeitskreis Systemische Kinder- und Jugendpsychiatrie vereint berufsübergreifend Mitarbeiter kinder- und jugendpsychiatrischer Kliniken, Tageskliniken und Praxen. Diese behandeln in ihrem therapeutischen Wirken gemäß ihrem systemischen Grundsatz nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern beziehen deren gesamtes Umfeld in die Therapie mit ein.
Wir sind schockiert durch die Entscheidungen der Ersatzkassen und vieler Primärkassen einerseits und der kassenärztlichen Bundesvereinigung andererseits, den Vertrag zur sozialpsychiatrischen Versorgung (SPV) zum Jahresende 2008 zu kündigen.
Damit ist die Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien gefährdet. Bislang konnten Familien mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen sich mit sehr guten Erfolgsaussichten an die niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater oder an die kinder- und jugendpsychiatrischen Institutsambulanzen wenden. Durch die Streichung der Sozialpsychiatrievereinbarung zum Ende des Jahres wird es den niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiatern nicht mehr möglich sein, eigens dafür eingestellte Mitarbeiter aus dem sozialpädagogischen, psychologischen oder ergotherapeutischen Feld zu finanzieren. Dadurch wird nicht nur die Qualität der Arbeit leiden, sondern es können auch deutlich weniger Kinder und Jugendliche Hilfe erfahren.
Da zeitgleich durch die Kündigung der Vereinbarung über die Psychiatrischen Institutsambulanzen auch eine gleichwertige Alternative zur Diskussion gestellt wird, wird es beim derzeitigen Stand demnächst nicht mehr möglich sein, innerhalb des Kassensystems eine zeitgemäße kinder- und jugendpsychiatrische Therapie und Psychotherapie durchzuführen.
Die Entwicklung der Psychotherapie der letzten 50 Jahre hat gerade in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen zu äußerst wirksamen Therapiesettings geführt in Form von Familientherapie, aufsuchender Kinder- und Jugendpsychiatrie, Mehrgenerationen­therapien, Multifamilientherapien, Systemtherapien, Therapien in Schulen, multimodalen Therapiesettings usw.
Beim derzeitigen Stand der Verhandlungen wäre diese äußerst effiziente, aber auch personalintensive Arbeit nicht mehr möglich. Das würde unweigerlich ein weiterer Schritt in Richtung Zwei-Klassen-Medizin bedeuten. Es würde dazu führen, dass die sozial schwächeren Kinder und Jugendlichen nicht mehr in den Genuss einer Systemischen Therapie/Familientherapie kämen.
Die erfreulichen Bemühungen der Politik, eine bessere gesundheitliche, schul- und familienpädagogische Versorgung unserer Kinder und Jugendlichen zu etablieren, würden damit zu Nichte gemacht. Je nach Quelle erscheinen derzeit bis zu 25 Prozent unserer Kinder und Jugendlichen aus psychiatrischer Sicht als therapiebedürftig. Sie leiden unter Störungsbildern wie Aufmerksamkeitsstörungen, emotionale Störungen, affektive Störungen, psychosomatische Störungen, Tic-Erkrankungen, die häufig auch entstanden sind durch den Versuch, eine Lösung für Konflikte in deren Umfeld zu finden. Da das Krankheitsbild wiederum das Umfeld beeinflusst, führt eine Therapie, die sich nur auf „erkrankte“ Kinder und Jugendliche konzentriert, in den seltensten Fällen zu einer Lösung, welche eine gelungene Reintegration in Familie oder Schule ermöglicht. Damit die erzielten Fortschritte der Einzeltherapie bei Kindern und Jugendlichen Bestand haben, muss zwingend mit dem nächsten bzw. erweiterten Umfeld (System) gearbeitet werden.
Die Sozialpsychiatrieverordnung sowie die Verträge mit den Institutsambulanzen ermöglichten bislang diese Einbeziehung des Umfeldes unserer Patienten. Die Kündigung beider Versorgungsapparate überlässt viele Kinder und Jugendliche ihrem Schicksal, insbesondere die sozial Schwachen, die sich eine andere Betreuung nicht leisten können.
Im Namen der systemisch arbeitenden, im kinder- und jugendpsychiatrischen Feld tätigen Therapeuten und Berater unterschiedlichster Grundberufe, appellieren wir daher aufs Schärfste an die Verhandlungsparteien und an die Politik, für eine rasche Lösung zu sorgen, die auf keinen Fall hinter der bisherigen Versorgung zurückbleiben darf“

Für die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie
Prof. Dr. Jochen Schweitzer

Für den Arbeitskreis systemische Kinder- und Jugendpsychiatrie
Dr. Filip Caby

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