Systemische Therapie mit Familien und Paaren, heutzutage sogar überwiegend mit Einzelpersonen, ist seit Jahrzehnten fest im psychotherapeutischen Repertoire verankert. Die Frage nach der systemtherapeutischen Arbeit mit Gruppen ist in dieser Zeit immer nur hier und da einmal aufgetaucht, was verwundert, ist doch das Plädoyer für die Arbeit mit dem Mehrpersonensetting von Beginn an ein Mantra der systemischen Bewegung gewesen. Ein sehr umfangreiches Handbuch zum Thema ist bereits 2022 im Carl-Auer-Verlag erschienen, Andrea Brandl-Nebehay hat es rezensiert.
Andrea Brandl-Nebehay, Wien
Ein großes, mutiges Vorhaben, das Carmen Unterholzer und Herbert Gröger, beide seit vielen Jahren am Institut für systemische Therapie (IST) in Wien tätig, in Angriff genommen haben: Die Grundlagen, Methoden und Anwendungsfelder der systemischen Gruppentherapie auszuloten und praxisfreundlich in ein Handbuch zu fassen.
Ich habe die beiden Herausgeber:innen in einer der ersten systemischen Ausbildungsgruppen, die ich als angehende Lehrtherapeutin leiten durfte, kennengelernt und hege den Verdacht, dass den beiden schon damals ein Defizit deutlich wurde: Systemische Ausbildung findet zwar hauptsächlich in Gruppen statt und wird in diesem Rahmen als Ort und Raum der Vermittlung, Erprobung und Selbsterfahrung genutzt, jedoch wird Gruppentherapie bislang wenig reflektiert, damals wie heute. Dies erscheint umso erstaunlicher, als sich Systemiker:innen – unter Verweis auf ihre familientherapeutischen Wurzeln – ihre besondere Kompetenz für die Arbeit in Mehrpersonensettings auf die Fahnen schreiben und somit für die therapeutische Arbeit mit Gruppen besonders gut gerüstet sein könnten.
Erste Versuche, dieses Defizit ausgleichen, führten Carmen Unterholzer und Herbert Gröger zunächst zu intensiven Literaturrecherchen (mit magerem Ergebnis), später zu eigener Forschung und Publikationen und schließlich zur Entwicklung eines Curriculums zur systemischen Gruppentherapie, das nun seit einigen Jahren am Institut für systemische Therapie (IST) in Wien angeboten wird. Thematische Schwerpunkte dieser Seminare bilden die unterschiedlichen Ansätze in der systemischen Gruppentherapie (lösungsorientiert, narrativ, hypnosystemisch), Methoden- und Settingfragen sowie Überlegungen zu bestimmten (störungsspezifischen) Zielgruppen im stationären und ambulanten Bereich. Aus dem Pool der – durchwegs renommierten – Referent:innen dieser Curricula, die im deutschsprachigen Raum in unterschiedlichen stationären Einrichtungen oder im klinisch-ambulanten Bereich tätig sind, rekrutieren sich im Wesentlichen auch die insgesamt 30 Autor:innen des vorliegenden Werks zur systemischen Gruppentherapie.
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