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„The Future of Mental Health” – Ein Interview mit Scott Miller über die Aussichten im psychosozialen Gesundheitswesen

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Wer einen Blick werfen möchte auf die Untiefen fortgeschrittener Merkantilisierung unserer Profession, dürfte sich für ein Interview interessieren, dass Scott Miller vom Chicagoer Institute for the Study of Therapeutic Change (ISTC) im Jahr 2007 Jim Walt gegeben hat, ehemals Vorsitzender der Californian Association of Marital and Family Therapists (CAMFT), emeritierter Psychologie-Professor an der kalifornischen John F. Kennedy University. In diesem Gespräch skizzieren beide eine Situation in den USA, die darauf hinauszulaufen scheint, dass die meisten derjenigen, die zurzeit noch ihr Geld mit professionellen psychosozialen Hilfen verdienen, es bald nicht mehr können. Ungeachtet der konsistenten Forschungsergebnisse zur Psychotherapie, dass diese wirkt, gaben zwei Drittel der Befragten als Antwort auf die Frage, weshalb sie keine Therapie aufgesucht hätten, an, dass sie deren Wirksamkeit bezweifelten. Zweifel an der Wirksamkeit von etwas werden jedoch vermutlich erst dann zu einem schlagkräftigen Argument, wenn – wie ebenfalls erhoben – die Einschätzung als„zu teuer“ hinzukommt. Hier nun setzen offenbar die üblichen Marktmechanismen an. Die fortschreitende Verwertung von Therapie als Ware unterliegt dem Preiskalkül. Preisgestaltung wiederum funktioniert nach dem Aldi-Prinzip und man könnte sich fragen, warum es TherapeutInnen anders gehen sollte als, sagen wir, Milchbauern. Wie gesagt, nur für den Fall, dass Therapie oder allgemein professionelle psychosoziale Hilfen, sich in erster Linie als Warenwert zu bewähren hätten. Schon klar, dass dies ein Dilemma bedeutet, wenn man sich nicht im Elfenbeinturm (oder Wolkenkuckucksheim) einrichten möchte. Umso bemerkenswerter, dass Scott Miller nach wie vor davon überzeugt ist, dass das„Hören auf die KlientInnen“ einen (für ihn: den) Ausweg darstellt. Er berichtet von Evaluationsstudien, nach denen das Ergebnis um 65% allein dadurch verbessert werden konnte, dass konsequent das Feedback der KlientInnen zum Maßstab gemacht wurde – unabhängig von der theoretischen Position der TherapeutInnen. Vier Merkmale zeichneten das Beisteuern von professionellen HelferInnen in erfolgreichen Therapien aus: sie blieben flexibel, sie wehrten Feedback nicht ab, sie veränderten das Vorgehen so lange, bis die KlientInnen darauf positiv ansprachen und schließlich: sie zögerten nicht, andere Hilfen als angemessener zu empfehlen, wenn sie auf die beschriebene Weise nicht zu einer tragfähigen Beziehung kamen.
Zum Interview geht es hier …

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