Heft 1
Fliegel, Steffen & Arist v. Schlippe (2014): Editorial: Ganz natürlich … ?? In: Familiendynamik 39 (1): 1-1.
Clement, Ulrich (2014): Trends in der Sexualtherapie. In: Familiendynamik 39 (1): 4-11.
abstract: Gegen die Ansicht, Sexualtherapie sei kein eigenständiges Gebiet der Psychotherapie, lassen sich vor allem therapiepraktische Argumente vorbringen. Wie stark Sexualtherapie in ihren Zielen und ihren konzeptionellen Vorstellungen vom Zeitgeist geprägt ist, wird am Beispiel der sexuellen Lustlosigkeit, der sexuellen Sucht und den pharmakotherapeutischen Ansätzen gezeigt. Schließlich werden die Trivialität konventioneller sexualtherapeutischer Ziele erörtert und drei mögliche Antworten vorgestellt.
Hauch, Margret, Andreas Hill, Steffen Fliegel & Arist v. Schlippe (2014): Das Hamburger Paartherapiekonzept zur Behandlung sexueller Störungen. Ein Interview geführt von Steffen Fliegel und Arist von Schlippe. In: Familiendynamik 39 (1): 12-21.
Bauer, Renate & Reinhard Maß (2014): Sexualtherapie nach dem Hamburger Modell verändert die Beziehungsdynamik des Paares. In: Familiendynamik 39 (1): 22-29.
abstract: Nach einem kurzen Abriss zur Entstehungsgeschichte des Hamburger Modells der Sexualtherapie wird ein wesentliches Agens dieses Konzepts beschrieben, nämlich das Selbstverantwortungsprinzip, bestehend aus der »Egoismusregel« und der »Stoppregel«. In Kombination mit den bewährten Techniken wie »Sensate Focus« ist es hierdurch möglich, dysfunktionale Beziehungsmuster, die oft die Grundlage der sexuellen Störung eines Paares bilden, nicht nur aufzudecken, sondern die Beziehungsstruktur schrittweise zu verändern, so dass die Notwendigkeit für das sexuelle Symptom entfällt. Am konkreten Beispiel eines mit dem Hamburger Modell behandelten Paares (Diagnose: sexuelle Aversion der Frau) werden der therapeutische Prozess und insbesondere die heilsame Wirkung des Selbstverantwortungsprinzips veranschaulicht.
Fliegel, Steffen (2014): Sexualität zwischen Behandlern und Patienten. In: Familiendynamik 39 (1): 30-37.
abstract: Sexualität zwischen psychosozialen Fachleuten und hilfesuchenden Klienten und Patientinnen sollte in unseren diesbezüglich aufgeklärten Zeiten eigentlich nicht mehr denkbar sein. Dennoch zeigt ein bewegender Anruf einer Patientin in einer Beratungsstelle die Aktualität dieses Themas, ein Anlass für uns, diesen wörtlich dokumentierten Anruf verschiedenen Fachleuten zur Stellungnahme vorzulegen. Anschließend wird das Thema ethisch, fachlich und präventiv beleuchtet, wobei insbesondere die Notwendigkeit betont wird, den Umgang mit Nähe und Distanz, mit Körperkontakt und mit erotischen bzw. sexuellen Gefühlen konstruktiv in den beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildungen zu verankern.
Hawellek, Christian (2014): Einladung zum Perspektivwechsel. Die Möglichkeiten der Marte-Meo-Methode in Beratung und Psychotherapie. In: Familiendynamik 39 (1): 38-49.
abstract: Das Medium der psychosozialen Beratung und Psychotherapie ist das Gespräch. In den letzten Jahren haben sich beobachtungsgeleitete und videobasierte Beratungsformen wie Marte Meo entwickelt. Der Artikel zeigt auf, in welcher Weise diese Arbeitsformen die traditionelle Form der therapeutischen Gespräche sinnvoll anreichern und ergänzen können.
Boetticher, Antje von, Michael Strack & Günter Reich (2014): Autonomie und Verbundenheit in familiären Triaden von Töchtern mit Essstörungen. In: Familiendynamik 39 (1): 50-59.
abstract: Die Dimensionen von Verbundenheit und Autonomie werden anhand des Subjektiven Familienbildes (SFB, Mattejat & Scholz, 1994) in 249 Familien mit essgestörten Töchtern (Anorexia nervosa n = 111, Bulimia nervosa n = 138) aus der Sicht der Patientinnen untersucht. Töchter mit Anorexie beschreiben ihre Familien verbundener als Töchter mit Bulimie. Entgegen der Erwartung zeigen Bulimikerinnen ein stärkeres Ohnmachts- und damit geringeres Autonomieerleben als Anorektikerinnen. Bulimikerinnen empfinden auch einen stärkeren Autonomiewunsch als Anorektikerinnen. Entgegen den Erwartungen zeigt sich keine besonders hoch ausgeprägte Vater-Tochter-Verbundenheit bei den Bulimikerinnen. Eine explorative Cluster-Analyse lässt vier unterschiedliche Familienkonstellationen aufscheinen, die nicht diagnosespezifisch sind.
Schlippe, A. von, Ulrike Borst & Hans Rudi Fischer (2014): Wie kann ich in schwierigen therapeutischen Situationen meine Handlungsfähigkeit wiedergewinnen? Ein kleiner »Erste-Hilfe-Kurs«. In: Familiendynamik 39 (1): 60-63.
Schlippe, A. von (2014): »Dicke Mauern, damit ja nichts nach außen kommt« – Ein Gespräch mit einem pädosexuellen Patienten und seiner Psychotherapeutin. In: Familiendynamik 39 (1): 64-68.
Kriz, Jürgen (2014): Therapeutische Apartheid. In: Familiendynamik 39 (1): 70-71.
Fischer, Hans Rudi (2014): Gedanken auf Taubenfüßen – Vom Hahnenschrei systemischer Vernunft. Die ersten Jahrgänge der Familiendynamik – 1976 – 1980. In: Familiendynamik 39 (1): 72-75.
Frick, Jürg (2014): Rezension – Jürg Rüedi (2013): Disziplin und Selbstdisziplin in der Schule. Bern (Haupt). In: Familiendynamik 39 (1): 76-77.
Veith, Andreas (2014): Rezension – Ulrike Borst (2103): Systemische Therapie; Luise Reddemann & Jana Stasing (2013): Imagination; Michael Cöllen (2013): Integrative Paartherapie, alle Tübingen (Psychotherapie-Verlag). In: Familiendynamik 39 (1): 77-79.
Heft 2
Fischer, Hans Rudi & Kurt Lüscher (2014): Editorial: Ambivalenz weiter denken…. In: Familiendynamik 39 (2): 81-81.
Lüscher, Kurt & Hans Rudi Fischer (2014): Ambivalenzen bedenken und nutzen. In: Familiendynamik 39 (2): 84-95.
abstract: In diesem Text machen wir Vorschläge für ein differenziertes Verständnis von Ambivalenz im Hinblick auf ihren Nutzen für die therapeutische Arbeit. Zu diesem Zweck präsentieren wir eine über die Alltagssprache hinausgehende mehrdimensionale Definition des Konzepts. Wir veranschaulichen es mit einer kommentierten Fallvignette. Im Ausblick verweisen wir auf die zeitdiagnostischen Implikationen dieser Perspektive. Ein erweiterter Werkzeugkasten (in Gestalt eines Glossars) vermittelt eine kurze Übersicht begrifflicher Verwandtschaften.
Fooken, Insa (2014): Lähmend oder sinnstiftend? Ambivalenzerfahrungen bei »späten Scheidungen« und Trennungsvorstellungen in langjährigen Beziehungen. In: Familiendynamik 39 (2): 96-105.
abstract: Gehen oder bleiben? Diese Frage dürfte im Kontext später Trennungsentscheidungen nach langen Ehejahren von Betroffenen oft gefühlt oder geäußert worden sein. Im vorliegenden Beitrag wird das »Weiterdenken von Ambivalenz« zunächst auf einer theoretisch-konzeptuellen Ebene reflektiert. In einem weiteren Schritt geht es um die Anwendung dieser Überlegungen auf den genannten Personenkreis. Eine Reanalyse vorliegender empirischer Daten zu »spät geschiedenen Menschen« sowie die Einbeziehung eines einschlägigen Fallbeispiels beleuchten den Stellenwert von möglichen Ambivalenzerfahrungen in zentralen Spannungsfeldern des Lebensvollzugs. Die zeitgeschichtlichen Besonderheiten der Lebensläufe dieser Geburtsjahrgänge, deren Kindheit in die Zeit des Zweiten Weltkriegs fiel, werden zusätzlich als eine mögliche wichtige Einflussgröße einbezogen. Das Fazit der Überlegungen auf meta-analytischer Ebene lautet: Ambivalenzerfahrungen beinhalten ein konstruktives Potential für neue Erkenntnisse in Theorie, Forschung und (klinischer) Praxis.
King, Vera (2014): Ambivalenzen in adoleszenten Generationenbeziehungen. Herausforderungen und Überforderungspotentiale, erläutert am Beispiel von Aufstiegs- und Familiendynamiken im Kontext von Migration. In: Familiendynamik 39 (2): 106-115.
abstract: In diesem Beitrag werden zum einen die unhintergehbaren Ambivalenzen in adoleszenten Generationenbeziehungen dargelegt. Zum andern wird ausgeführt, unter welchen Bedingungen die damit verbundenen Anforderungen an die Bewältigung von intergenerationaler Ambivalenz zur Überforderung werden und dann auch zu unproduktiven, Individuation hemmenden Entwicklungskonstellationen führen können. Dazu wird exemplarisch ein Fallbeispiel aus aktuellen Untersuchungen zur adoleszenten Familiendynamik im Migrationskontext herangezogen.
Clement, Ulrich (2014): Ambivalenzen des sexuellen Begehrens. In: Familiendynamik 39 (2): 116-121.
abstract: Es wird ein Erklärungsmodell für die Entstehung und Aufrechterhaltung sexueller Luststörungen vorgeschlagen. Danach liegt der scheinbar »stillen« Symptomatik oft kein einfacher Mangel an Lust zugrunde, sondern eine Dynamik ambivalenter Wünsche, die sich gegenseitig so blockieren, dass die aktive Lust latent bleibt.
Fischer, Hans Rudi & Kurt Lüscher (2014): Ambivalenz ergründen. Philosophische und anthropologische Ursprünge eines Begriffs. In: Familiendynamik 39 (2): 122-133.
abstract: Inwiefern ist Ambivalenz grundlegend für das Menschsein? Ausgehend von den mythologischen Ursprüngen des Ambivalenten bei den Göttergestalten Janus und Apollon sowie in Platons Anthropologie kann man die logischen Grundlagen des Ambivalenten ableiten. Sie kreisen um die Figur der dialektischen Dynamik einer (offenen) Einheit des Auseinanderstrebenden. Auf diese Weise ergibt sich ein Brückenschlag zu den Vorstellungen personaler Identität. Der humanwissenschaftliche Zusammenhang von Ambivalenz und Identität lässt sich unter Bezugnahme auf Plessners Idee der »exzentrischen Positionalität« theoretisch und methodisch verdeutlichen.
Liebsch, Burkhard (2014): Gewebespende zwischen Geschwisterkindern als »Gabe«? In: Familiendynamik 39 (2): 134-143.
abstract: Dieser Beitrag arbeitet im Anschluss an den aktuellen kulturwissenschaftlichen Diskurs über die Gabe heraus, was es bedeutet, Gewebespenden zwischen Geschwistern als »Gaben« zu deuten; und zwar mit besonderer Berücksichtigung der Rolle Dritter in einer familialen und langfristigen Konstellation, in deren konkret unabsehbarer Zukunft sich erst zeigen kann, ob sich eine Spende als Gabe bewährt.
Schmitt, Alain (2014): Die Mängel des systemischen Theoriegebäudes aus der Sicht eines Praktikers. In: Familiendynamik 39 (2): 144-155.
abstract: Die systemische Theorie ist zu wenig nützlich, sie ist zu unvollständig und zu widersprüchlich. So fordert sie, dass Therapie wirksam im Sinne der anerkannten wissenschaftlichen Therapieforschung sein solle, und hält gleichzeitig solche Forschung für unmöglich, u. a. weil diese auf linearen Kausalitätsmodellen beruhe. Unvollständig ist das Theoriegebäude, weil es relevante Themen und Erkenntnisse des Weltwissens vernachlässigt, z. B. Entwicklung oder den Blick nach innen zu Motivation und Emotion. Auch sind einige der Bausteine an sich morsch (z. B. das Konzept der operationalen Geschlossenheit von Maturana & Varela) oder gar keine faktischen, widerlegbaren Aussagen, sondern metaphysische. Philosophisch gesehen ist daher die systemische Theorie insgesamt gesehen keine Theorie, sondern eher eine metaphysische Position. Sie war und ist aus all diesen und anderen Gründen für Praxis und Forschung zu wenig nützlich. Die Mängel sind hier zu acht provokanten Thesen verdichtet.
Borst, Ulrike, Schlippe, A. von & Hans Rudi Fischer (2014): Feldpost: Was tun, wenn sich der Therapeut in seinen Klienten verliebt? – und umgekehrt? In: Familiendynamik 39 (2): 156-158.
Flury Sorgo, Anna (2014): Der besondere Fall: Möglichkeiten des freiwilligen Kinderschutzes im Falle sexueller Übergriffe. In: Familiendynamik 39 (2): 160-161.
Weyand, Gabriele (2014): FilmDynamik: Vom Weggehen und Ankommen – Die andere Heimat. In: Familiendynamik 39 (2): 162-166.
Schlippe, A. von (2014): Zurück-Geschaut: Langsames Crescendo. Das zweite »Jahrfünft« der Familiendynamik. In: Familiendynamik 39 (2): 168-170.
Borst, Ulrike, Hans Rudi Fischer & Schlippe, A. von (2014): Eine Einladung zum Dialog: Ambivalenz in Theorie und Praxis. selbstverständlich – verdrängt – verkannt – entwicklungsfähig? In: Familiendynamik 39 (2): 171-171.
Klein, Rudolf (2014): Rezension – Kurt Ludewig (2013): Entwicklungen systemischer Therapie – Einblicke, Entzerrungen, Ausblicke. Heidelberg (Carl-Auer). In: Familiendynamik 39 (2): 172-173.
Jellouschek, Hans (2014): Rezension – Roland Weber (2012) : Navigieren auf Sichtweite – Prozesssteuerung in der Paartherapie. Ein Handbuch für die Praxis. Stuttgart (Klett-Cotta). In: Familiendynamik 39 (2): 173-174.
Frick, Jürg (2014): Rezension – Samira Zingaro (2013): »Sorge dich nicht!« Vom Verlust eines Bruders oder einer Schwester durch Suizid. Zürich (Rüffer & Rub). In: Familiendynamik 39 (2): 174-175.
Heft 3
Borst, Ulrike (2014): Editorial: Prävention: Logik des Verdachts oder Ermutigung zu besserem Leben? In: Familiendynamik 39 (3): 177-177.
Hildenbrand, Bruno (2014): Denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Prävention im 21. Jahrhundert. In: Familiendynamik 39 (3): 180-186.
abstract: Mit dem Begriff »Prävention« ist im 21. Jahrhundert der Irrglaube verbunden, das autonome Subjekt der Moderne könne alles, sogar Krankheiten besiegen. Dieser Irrglaube hat zur Grundlage die unsichtbare Wiederkehr von Religion, die Prävention ist die neue Magie des 21. Jahrhunderts.
Lanfranchi, Andrea (2014): Frühkindliche selektive Prävention bei Kindern aus Familien in Risikosituationen. Stigmatisierungsgefahren und Entwicklungschancen. In: Familiendynamik 39 (3): 188-199.
abstract: Von Programmen der selektiven Prävention im frühen Kindesalter wird erwartet, dass sie die Entwicklung von Kindern und ihren Eltern in psychosozialen Risikosituationen fördern und Entwicklungsverzögerungen sowie späteren Schulproblemen vorbeugen. Entsprechende Evaluationen sind nun auch in Europa im Gange. In der Schweiz läuft seit 2011 ZEPPELIN 0 – 3, eine Interventionsstudie zur interdisziplinären Früherkennung und Frühen Förderung von Kindern, die aus psychosozialen Gründen in ihrer Entwicklung gefährdet sind. Ziel ist die langfristig anhaltende Erhöhung ihrer Bildungschancen mittels Unterstützung ihrer Eltern durch das Programm »PAT – Mit Eltern Lernen«. Im Artikel wird begründet, warum die Inanspruchnahme der Hilfen im Frühbereich gerade bei denjenigen Familien zu erhöhen ist, die als schwierig zu erreichen gelten. Dazu muss eine neue Qualität des Zugangs zu Familien entwickelt werden, die bis anhin oft aus Angst vor institutioneller Kontrolle auf Distanz geblieben sind. Die Gefahr, dass neue Muster der Stigmatisierung und sicherheitsideologische Dispositive etabliert werden, ist zwar vorhanden. Sie kann dadurch verringert werden, dass die Verfahren nicht auf einer Logik des Verdachts, sondern auf einer Kultur der Anerkennung basieren (Hildenbrand, 2011).
Barsch, Gundula (2014): Nachdenken über Suchtprävention. In: Familiendynamik 39 (3): 200-207.
abstract: Die Auseinandersetzung um Konzepte der Schadensminimierung, um Risikoprävention und um Mündigkeitskonzepte im Bereich von Drogen- oder Suchtprävention verdeutlichen, dass ein Wechsel der Sichtweisen, Problemdefinitionen und der Handlungsstrategien im Umgang mit dem »ganz normalen« Drogenkonsum drängt. Die Suchtprävention stützte sich in den Neunzigerjahren auf das Abstinenzparadigma, dessen Sinnrationalität sie von der Suchtkrankenhilfe übernommen hatte. Aus diesen Leitideen leiten sich auch die Ziele und Methoden suchtpräventiven Bemühens ab. Konsequenterweise gab es damit keinen Platz für eine weitergehende Differenzierung von Drogenkonsum. Das Konstrukt »Drogenmündigkeit« argumentiert, dass das Pendant zu Sucht/Abhängigkeit und exzessivem Konsum nicht Abstinenz ist. Das Abstinenzdogma lässt sich logisch nur ableiten, wenn an einer Dämonisierung der psychoaktiven Substanzen festgehalten wird, die den Menschen als einer Substanzmacht willenlos und hilflos ausgeliefert sieht. Ein Verständnis, in dem Drogenkonsum als steuerbar und gestaltbar gilt, hat also die Polarisierung »Abhängigkeit versus Abstinenz« als Denkmuster aufzugeben und nach neuen Ufern zu streben.
Berger, Christa (2014): Replik aus der Praxis. Eine Antwort auf den Fokusbeitrag von Gundula Barsch in diesem Heft. In: Familiendynamik 39 (3): 208-209.
Barsch, Gundula (2014): Die Praxis hinkt noch hinterher. Eine Replik auf die Replik von Christa Berger. In: Familiendynamik 39 (3): 210-211.
Wettstein, Albert (2014): Sterben müssen wir alle – aber was kann die Prävention psychischer Erkrankungen im Alter vorher bewirken? In: Familiendynamik 39 (3): 212-216.
abstract: Die Prävention von psychischen Krankheiten im Alter ist möglich und wirksam. Notwendig sind jedoch meist gezielt auf die Hochrisiko-Gruppe der sozioökonomisch und bildungsmäßig Benachteiligten ausgerichtete Angebote. Dann sind sie auch kostenwirksam. Im Vordergrund stehen vor allem soziale Maßnahmen gegen Einsamkeit und Mangel an sozialen Beziehungen. Im Vergleich dazu sind medikamentöse und psychotherapeutische Maßnahmen von geringerer Bedeutung.
Flury Sorgo, Anna (2014): Wenn Eltern Gewalt ausüben. Ein systemisches Modell zum Verständnis innerfamiliärer Gewalt. In: Familiendynamik 39 (3): 218-223.
abstract: Wenn Eltern ihren Kindern gegenüber Gewalt anwenden, kommen Fachpersonen emotional sehr schnell an Grenzen. Sie fühlen sich unter Druck, die Kinder rasch und effizient zu schützen. Gleichzeitig ist es schwierig, mit den tätlichen Eltern ins Gespräch zu kommen. Dabei hilft ein Modell, das Gewalt als zusätzliches Familienmitglied begreift, welches bestimmte Eigenschaften aufweist und eine heftige und zwingende Dynamik auslöst. Um die Klienten zu unterstützen, dem Wesen Gewalt einen weniger bestimmenden Platz zuzuweisen, hilft ein Bild von funktionierender Familie, die im Gleichgewicht von sechs Faktoren eingebettet ist. Diese sind: Tragfähigkeit der Beziehungen, Sicherheit über Ressourcen, Klarheit der Strukturen, Offenheit in der Interpretation von Wahrnehmungen, Fähigkeit zur Selbstbehauptung, Möglichkeiten des Gefühlsausdrucks. Eine Situationsanalyse kann aufzeigen, welche dieser Faktoren besonders stark aus dem Gleichgewicht geraten sind. Im Artikel wird beispielhaft aufgezeigt, in welcher Weise dieses Modell in der Arbeit mit einer gewaltbetroffenen Familie eingesetzt werden könnte.
Wetzel, Norbert A. (2014): Armut, Gewalt und Rassismus als soziale Umwelt von Familientherapie. In: Familiendynamik 39 (3): 224-233.
abstract: Der Verfasser stellt zunächst das von ihm mitbegründete »Zentrum für Familie, Gemeinde und Soziale Gerechtigkeit e. V.« vor. Arbeitsgruppen des Zentrums arbeiten mit Kindern, Jugendlichen und mit ihren Familien in gesellschaftlichen Kontexten, die von vielfältiger Entbehrung, aktiver Benachteiligung und von Gewalt und Rassismus gekennzeichnet sind. Die dynamische Macht dieser Verhältnisse kann nur adäquat einschätzen, wer aktiv nach den Faktoren Ausschau hält, die das Leben dieser Familien so schwer machen und den Jugendlichen wenig Hoffnung lassen.
Asen, Eia & Peter Fonagy (2014): Mentalisierungsbasierte therapeutische Interventionen für Familien. In: Familiendynamik 39 (3): 234-249.
abstract: Der vorliegende Beitrag versucht, eine Brücke zwischen zwei scheinbar unterschiedlichen und doch verwandten Welten zu schlagen, der intrapsychischen und der interpersonalen. Er betrachtet die systemische Praxis wie durch ein mentalisierungsbasiertes Objektiv. Es wird dafür plädiert, dass in der Therapie ein beabsichtigter, bewusster und konsequenter Fokus auf dem Mentalisieren liegen muss. Die aufkommende mentalisierungsbasierte Therapie für Familien ist ein innovativer Ansatz und ein Modell mit spezifischen Besonderheiten, das im Wesentlichen systemisch ist und seine Konzeptionen und Vorgehensweisen aus einer Vielzahl systemischer Ansätze ableitet. Sie bereichert die Arbeit mit Familien durch das Hinzufügen mentalisierender Komponenten.
Zniva, Christian (2014): Hat jemand, der nicht kämpft, schon verloren? Die Metapher in der psychoonkologischen Paartherapie. In: Familiendynamik 39 (3): 250-257.
abstract: Eine Krebserkrankung stellt nicht nur eine enorme Herausforderung für ein Individuum dar, sondern hat auch massive Auswirkungen auf seine sozialen Bezugssysteme. Gerade Paare, die mit einer onkologischen Diagnose konfrontiert werden, haben mit vielen Veränderungen umzugehen. Die Aufmerksamkeit im vorliegenden Artikel wird besonders auf die Kommunikation von Paaren in dieser bedrohlichen Situation gelenkt. In vielen Paarbeziehungen bleiben die mit der Erkrankung verbundenen Ängste und Befürchtungen unausgesprochen. Dies geschieht häufig in der Absicht, den ohnehin schon belasteten Partner zu schonen. In der Kommunikation dominieren oft Sprachbilder, die eine aktive Einflussnahme auf das Krebsgeschehen suggerieren. Metaphern des »Kämpfens« oder »Besiegens« können als Versuch interpretiert werden, Gefühle der Ohnmacht und Hilflosigkeit zu bewältigen. Die Funktionalität dieser Metaphern in Partnerschaften wird näher reflektiert. Anhand eines Beispiels aus der therapeutischen Praxis werden konkrete Auswirkungen von Sprachbildern auf eine Paarbeziehung gezeigt. Ebenso wird ein Vorschlag für die Arbeit mit Metaphern in einer psychoonkologischen Paartherapie dargestellt.
Frei, Robert (2014): Jürg Willi zum 80. Geburtstag. In: Familiendynamik 39 (3): 258-259.
Fischer, Hans Rudi, Schlippe, A. von & Ulrike Borst (2014): Feldpost: Über Erwartungen und Aufträge in Therapie und Beratung. Vom Umgang mit dem Ungefähren. In: Familiendynamik 39 (3): 260-263.
N.N. (2014): Der besondere Fall: Die Sicht der Mutter. In: Familiendynamik 39 (3): 264-266.
Kriz, Jürgen (2014): Systemtheorie ist mehr als »Autopoiese«. Eine Replik auf Allain Schmitt. In: Familiendynamik 39 (3): 267-270.
Loth, Wolfgang (2014): Leserbrief zu Allain Schmitt. In: Familiendynamik 39 (3): 271-276.
Lanfranchi, Andrea (2014): »Ambivalenz« als Thema der Weiterbildung in systemischer Therapie und Beratung. In: Familiendynamik 39 (3): 275-276.
Borst, Ulrike (2014): Zurück-Geschaut: Erfolg und Kritik. Die Jahrgänge 1986 – 1990 der Familiendynamik. In: Familiendynamik 39 (3): 277-279.
Heft 4
Molter, Haja & Schlippe, A. von (2014): Editorial: »Kennen Sie schon das Alte?«. Spurensuche – Virginia Satir. In: Familiendynamik 39 (4): 281-281.
Molter, Haja & Michael Grabbe (2014): Virginia Satir. Das bleibt! In: Familiendynamik 39 (4): 284-294.
abstract: Virginia Satir zählt zu den frühen Gründerpersönlichkeiten der systemischen Familientherapie. Ihre Arbeit ist geprägt von Einflüssen der humanistischen Psychologie und der kommunikationstheoretischen Seite des systemischen Modells, das mit den Arbeiten Gregory Batesons, Don D. Jacksons und Paul Watzlawicks verknüpft ist. Gegen die vorherrschende therapeutische Haltung ihrer Zeit begann sie sehr früh mit ganzen Familien zu arbeiten. Dabei stellte sie die Menschen mit ihren Ressourcen und Fähigkeiten und nicht die Pathologie in den Vordergrund. Familienmitglieder wurden als zugehörig und hilfreich für Lösungen gesehen, indem die Wahlmöglichkeiten erhöht wurden. Sie schaffte mit den fünf Formen der Kommunikation eine Verbindung zwischen der Beziehungsebene, der Familie als System, und den innerpsychischen Prozessen der Familienmitglieder, die sie in ihrem Konzept von Selbstwert erfahrbar machte. Sie entwickelte über die gesprochene Sprache hinaus originelle erlebnis- und wachstumsorientierte visuelle und körperorientierte Zugänge in der Arbeit mit Familien. Ihre Basisphilosophie zielte auf transformationale Veränderungen im interaktionalen und innerpsychischen System. Kritisch betrachten die Autoren die ausschließlich positive Sicht auf die Bedingungen des Menschseins wie sie dem entwicklungsorientierten Ansatz zu eigen ist. Darüber hinaus würdigen sie Satir als eine Praktikerin, deren Einfluss auf die heutige systemische Praxis nicht zu übersehen ist.
Loeschen, Sharon & Dasa Jendrusakova (2014): »Enriching your Relationship«. Ein Konzept in der Tradition von Virginia Satir im Lichte empirischer Forschung. In: Familiendynamik 39 (4): 296-305.
abstract: Das Enriching-Program ist ein erfahrungsorientiertes und psychoedukatives kurzes Interventionsprogramm, das auf den Kompetenzen von Virginia Satir aufbaut und bei den unterschiedlichsten Gruppen angewendet wurde, so etwa in Hongkong bei Eltern von Kindern, die einer besonderen Förderung bedürfen, bei muslimischen Studentinnen in Jordanien, bei Präventionsberatern afroamerikanischer und hispanischer Banden in Los Angeles und bei syrisch-amerikanischen Frauen zur Bewältigung von als Kriegsfolge aufgetretener Traumata. Voraussetzung für dieses Programm war, dass die Kompetenzen, die Satir in ihren therapeutischen Sitzungen einsetzte, modifiziert und der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnten. Die Schlüsselkompetenzen sind: Kontaktaufnehmen, Validieren, Sich-Bewusstmachen, Sich-Öffnen gegenüber mehr Verständnis und Akzeptanz, bewusst Entscheidungen für Veränderungen treffen und positive Veränderungen verstärken. Obwohl diejenigen, die den Satir-Process (Loeschen, 2002) anwandten, diesen weithin als effektiv anerkannten, wurde er mit der Zeit wegen fehlender theoretisch und empirisch basierter Struktur kritisiert, weil er keinen eindeutigen Leitfaden für eine klinische Anwendung (Brubacher, 2006; Nichols & Schwarz, 2008) aufwies. Im einundzwanzigsten Jahrhundert, in dem sich die Psychologie im Zeitalter des wissenschaftlichen Beweises befindet, wird das Enriching-Program unter Einbeziehung einer breiten Palette empirischer Literatur im Hinblick auf gegenwärtig vorhandene theoretische und psychotherapeutische Ansätze untersucht.
Tschanz Cooke, Karin (2014): Genuin Satir – Die systemischen Konzepte einer Pionierin machen Schule. Eine Würdigung mit historischem Fokus. In: Familiendynamik 39 (4): 306-313.
abstract: Eine beachtliche Anzahl der Konzepte, Methoden und Interventionen der systemischen Familientherapie Virginia Satirs zeigten sich als wirksam und setzten sich nicht nur in den Satir-Instituten in Nord-, Latein- und Südamerika, Europa, Asien und Australien durch, sondern sie wurden auch von anderen Ansätzen und Modellen der Familien- und Systemtherapie übernommen, zum Teil ohne Erwähnung Satirs als Urheberin. Auf der Basis eines eingehenden Quellenstudiums kann gezeigt werden, dass Satir im Bereich der systemischen Familientherapie die Ressourcen-, Wachstums-, Veränderungs-, Erfahrungsorientierung und das Konzept des Reframing pionierhaft vorwärtstrieb und zudem als Erste Werte und Spiritualität in ihren Ansatz einschloss. Diese Arbeit versucht aufzuzeigen, welche Erkenntnisse und Modelle genuin von Satir entwickelt wurden. Weiter liegt das Augenmerk auf der Gewichtung ihres Selbstverständnisses und ihrer Vision als systemische Familientherapeutin. Genuin resp. einzigartig war insbesondere die Art und Weise, wie sie in ihrem therapeutischen Schaffen, Ausbilden und in ihren Publikationen die Bedeutung der persönlichen Kongruenz, der Wertschätzung, der Verantwortung und der Hoffnung als eine Haltung umsetzte und als unverzichtbare Pfeiler ihres Ansatzes ins Zentrum stellte. Es sind Erkenntnisse, die aus heutiger Sicht selbstverständlich erscheinen, nicht aber 1951, als Satir dezidiert systemtherapeutisch, ressourcen- und erfahrungsorientiert zu arbeiten begann und sich von der Problemorientierung löste.
Schlippe, A. von (2014): Virginia Satir – eine kleine Erinnerungsreise in Bildern. In: Familiendynamik 39 (4): 314-315.
Hunger, Christina, Annette Bornhäuser, Jan Weinhold & Jochen Schweitzer (2014): Erleben in sozialen Systemen. Kurzvorstellung eines neuen Fragebogens und Darstellung seiner Ergebnisse in der Heidelberger RCT-Studie zur Wirksamkeit von Systemaufstellungen. In: Familiendynamik 39 (4): 316-325.
abstract: In Heft 1/2013 der Familiendynamik haben wir erstmalig Ergebnisse der Heidelberger RCT-Studie1 zur Erforschung der Wirksamkeit von Systemaufstellungen veröffentlicht (Weinhold et al., 2013). Bisher nicht berichtet wurden die Ergebnisse bezüglich des individuellen Systemerlebens. Jedoch ist gerade dieses ein spezifisches Ziel von Systemaufstellungen. Im Rahmen unserer RCT-Studie entwickelten wir den Fragebogen zum Erleben in sozialen Systemen (EXIS). Dieser dient der Erfassung von Veränderungen auf für Systemaufstellungen grundlegenden Dimensionen für private und organisationale Systeme (EXIS.pers, EXIS.org). Im Zentrum des folgenden Beitrags steht die Darstellung von Veränderungen im Systemerleben nach aktiver Teilnahme an einem Systemaufstellungsseminar anhand des EXIS.pers innerhalb unserer RCT-Studie. Da der EXIS bisher nicht in Deutschland publiziert wurde, wird eine Kurzvorstellung des Fragebogens und seiner psychometrischen Eigenschaften vorangestellt.
Rufer, Martin & Günter Schiepek (2014): Therapie als Förderung von Selbstorganisationsprozessen. Ein Beitrag zu einem integrativen Leitbild systemischer Psychotherapie. In: Familiendynamik 39 (4): 326-335.
abstract: Es dämmert das Ende der Therapieschulen. Damit braucht die Psychotherapie von morgen ein Leitbild, das ihrer umfassenden dynamischen und strukturellen Komplexität gerecht wird. Dieser Herausforderung muss sich auch die Systemische Therapie als Therapieverfahren stellen. Es geht um eine Praxis, die Wissen schafft und um ein Wissen, das Praxis schafft bzw. fördert. Ziel dieses »Therapiemanifests« (Tom Levold) ist es, Psychotherapie als Förderung von Selbstorganisationsprozessen systemtheoretisch und schulenübergreifend zu positionieren. Dabei helfen die aus der Synergetik heraus entwickelten generischen Prinzipien, der Komplexität von Therapie angemessen zu begegnen und psychotherapeutisches Handeln im Einzelfall zu vereinfachen. Therapeutinnen und Therapeuten jeglicher Couleur erhalten theoriegeleitete Heuristiken, um ihr Vorgehen zu strukturieren. Internetbasierte Methoden des Prozessfeedbacks erlauben es dabei, kognitive und emotionale Verhaltensmuster von Klienten zu erfassen und Prozesse datenbasiert zu steuern. In einem feinfühligen Synchronisations-, Feedback- und Kooperationsprozess optimieren sich mit zunehmender Erfahrung die therapeutische Intuition und die empirisch abbildbaren Selbstorganisationsprozesse gegenseitig. Mit diesem Beitrag zur Therapieintegration soll ein durch Standespolitik und Anerkennungsverfahren geprägter (blockierter?) Diskurs wiederbelebt werden. Ein integrativ-systemisches Metamodell könnte dazu beitragen, dass neben VT und Psychodynamischer Therapie wirksame Verfahren wie die Systemische oder die Humanistische Therapie wissenschaftliche, klinische und kassenärztliche Anerkennung finden. Hierbei ist das Engagement von Verbänden und Weiterbildungsinstituten gefordert.