„die endgültige Antwort auf diese ungeheuer schwere Frage – wie viel ich der Unterdrückung zu verdanken habe -, weiß ich immer noch nicht. Es war die Freiheit des Irrenhauses, aber es war Freiheit, in gewissem Sinne, in einer perversen Art und Weise; es war die Freiheit der Unterdrückten und Ausgelieferten, ein Zustand, in dem man ganz andere, in der echten Freiheit unvorstellbare und unmögliche Bemerkungen und Erfahrungen gemacht hat. Das verlangte nach einer spezifischen Darstellungsweise der Wirklichkeit – der man ausgeliefert war, die man niemals bewegen, nur ertragen konnte. Der enorme Druck ließ die Phantasie und die Sprache frei, ließ eine neue Anschauungsweise entstehen, die da drin, im Irrenhaus als wahr und authentisch zu sein schien. Aber was passiert, wenn der Druck nachlässt, wenn man nicht mehr von Mauern umgeben wird? Ich musste den Versuch unternehmen, ob ich auch ohne Druck existieren kann, das heißt: ob ich an den Diktaturen erkrankte, deformiert wurde, ob mir die Fähigkeit des freien Atmens abhanden gekommen ist, oder im Gegenteil: vielleicht haben mir diese Terrorsysteme gerade geholfen, weil sie mich gezwungen haben, meine schöpferische Kraft, meinen Stil, die Lust zu Schreiben zu entfalten. Es war wichtig, in Erfahrung zu bringen, ob ich auch als freier Mensch Romane schreiben kann“ (Imre Kertesz, der heute 80 wird, in einem Interview, das im Perlentaucher zu lesen ist)
Zitat des Tages: Imre Kertesz
9. November 2009 | Keine Kommentare