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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Vratislav Strnad (6.9.1955-1.3.2020)

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 Vratislav Strnad (Foto: T. Levold)

Am 1.3.2020 ist Vratislav Strnad nach längerer Krankheit in Prag gestorben. Er war ein wichtiger Wegbereiter des systemisch-narrativen Ansatzes in Tschechien. Ferdinand Wolf aus Wien, der mit ihm lange zusammen gearbeitet hat, hat für systemagazin einen Nachruf verfasst.

Ferdinand Wolf, Hornstein (A):

Vratislav Strnad war ein Pionier der tschechischen Psychotherapie. Er entwickelte aktuelle systemische Konzepte weiter, die er in Tschechien und der Slowakei in vielen Lehrgängen, Workshops und Kongressen verbreitete. Zu diesem Zweck gründete er unmittelbar nach der Ostöffnung das ISZ-Institut für Systemische Erfahrung in Prag /CZ (zusammen mit Zdenek Macek und Ivan Uhlela) und Kosice/SK (zusammen mit Eva Linhova).

Bereits kurz nach dem Fall des eisernen Vorhangs suchte er den Kontakt zu systemischen Therapeuten im Westen. So fuhr er nach Hamburg zu Kurt Ludewig und lud bald darauf auch Steve De Shazer und Insoo Kim Berg nach Prag ein, was 1991 und später noch mehrmals Realität wurde. In der Folge ergaben sich enge Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen aus Österreich, Europa und den USA.  

Vratislav Strnad ging es immer um einen intensiven Austausch von systemischen Ideen und Konzepten, um letztlich daraus auch einen eigenständigen Zugang zu entwickeln, der im Prager Modell der narrativen Therapie seinen sichtbaren Ausdruck finden sollte.

Er organisierte mehrere gut besuchte internationale systemische Konferenzen und Kongresse in Prag und publizierte Fachartikel für internationale und tschechische und slowakische Fachzeitschriften und Bücher. Er übersetzte Bücher von Kurt Ludewig, Steve De Shazer, Jill Freedman und Gene Combs ins Tschechische und verfasste selbst ein Buch über systemisch narratives Coaching (nur in tschechischer Sprache verfügbar).

Vratislav Strnad war ein kreativer, sensitiver und intiativer Mensch mit tiefer Emotionalität, der klassische und moderne Musik und Literatur liebte. Er spielte Violine und verfasste auch Gedichte und einen autobiografisch gefärbten Roman über gefühlte Lebens- und Beziehungserfahrungen eines in die Welt geworfenen Individuums (nur in tschechischer Sprache verfügbar).

Eine weitere große Leidenschaft von Vratislav Strnad war das Reisen, das ihn nach langen Jahren der Reisebeschränkungen häufig in die Alpen und ans Meer nach West- und Südeuropa vor allem aber nach Thailand führte, dessen Kultur und Küche ihn besonders begeistert hat.

Nun ist Vratislav Strnad zu seiner letzten Reise aufgebrochen. Er starb in seiner Wohnung in Prag am 1.3.2020.

Wir vermissen ihn als einen engagierten Menschen und Therapeuten der wichtige Brücken gebaut, Zugänge zwischen Ost und West geschaffen und so wesentlich zur Verbreitung von systemischen Gedanken und Ideen im östlichen Europa nach der politischen Wende des Jahres 1989 beigetragen hat. 

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Ein Kommentar

  1. Arist v.Schlippe sagt:

    Ist es tatsächlich schon 20 Jahre her, dass ich Vratislav (Vratja) getroffen habe? Er hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen, und ich bin erschrocken, von seinem frühen Tod zu hören. Es war eine denkwürdige Konferenz damals in Prag und er war ein prägnanter Vertreter des systemischen Denkens in Tschechien.

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