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Transnationale Utopien?

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Seit einigen Tagen liegt das Heft 5 der Revue für postheroisches Management vor. Das übergreifende Thema lautet„Transnationale Utopie?” Wie immer ist das Heft ästhetisch von beeindruckender Qualität. Wie man hört, hat das Layout der Zeitschrift einen Design-Preis gewonnen. Diese Auszeichnung ist mehr als berechtigt. Inhaltlich scheint es mir allerdings zu den eher schwächeren Heften zu gehören. Das Fragezeichen hinter Utopie ist mehr als berechtigt, weil der Mangel an Visionen im Bereich transnationaler Zukunftsgestaltung offenkundig ist. Ein Schwerpunkt des Heftes liegt auf den Arbeiten von Christopher A. Bartlett und Sumantra Ghoshal, aus deren Buch (von 2002) über transnationale Unternehmen ein Kapitel in der englischen Originalversionen abgedruckt wird und die aus verschiedenen Perspektive von Autoren wie z.B. Reinhart Nagel und anderen kommentiert werden. Ein bemerkenswert enttäuschender Beitrag über die Finanzkrise stammt von der gerade erst für ihr Werk ausgezeichneten Systemtheoretikerin Elena Esposito. Nach einem Jahr intensiver Debatte über die Finanzkrise und ihre Dynamik lesen wir in ihrem Beitrag tatsächlich:„Was bisher als Einziges klar verstanden wurde, ist, dass wir nichts verstanden haben: keine Modell und keine Theorie gelingt es, wirklich zu klären, wie die Krise entstanden ist oder was gerade passiert. Es gibt natürlich Elemente: die Überbewertung und das Wachstum des Immobilienmarktes (vor allem in den USA), die Intransparenz der strukturierten Finanzinstrumente, der Mangel an Reglementierung usw. aber ein richtig überzeugendes Allgemeinbild fehlt: wo haben wir etwas falsch gemacht und warum? Wie hat eine solche Lage entstehen können, das der Finanzmarkt mit allen seinen Modellen und Strategien scheinbar seinen Weg gegangen ist, ohne jegliche Bindung an den Verlauf der ‘realen Wirtschaft’ und ohne jemanden, der ihn stoppen konnte oder wollte?” Wirklich? Sind wir so ahnungslos? Fehlt es an Theorie? Espositos Hinweis darauf, dass es bei den Finanzspekulationen um Wetten auf eine Zukunft geht, die uns heute noch nicht bekannt ist und daher mit Risiken belegt ist, ist theoretisch wenig gehaltvoll (weil trivial) und stellt die Systemtheorie als Erklärungsmodell für die aktuelle globale Krise in einen nicht gerade vorteilhaftes Licht. Wissen wir wirklich nicht, wie die Misere zustande gekommen ist? Henry Mintzberg, dessen Beitrag das Heft eröffnet, ist da ganz anderer Ansicht:„What we have here is a monumental failure of management. American management is still revered across much of the globe for what it used to be. Now, a great deal of it is just plain rotten – detached and hubristic. Instead of rolling up their sleeves and getting engaged, too many CEOs sit in their offices and deem: they pronounce targets for others to meet, or else get fired“. Wie auch immer: eine lohnenswerte Lektüre.
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