Tom Levold, Köln:
Beraterinnen und Berater, die mit Kindern, Jugendlichen oder Familien in einer Beratungsstelle arbeiten, sind heute mit einer Vielzahl von rechtlichen Aspekten ihrer Arbeit konfrontiert, von denen sie die meisten nicht in allen Einzelheiten bekannt sein dürften. Die Zahl der rechtlichen Regelungen, mit denen die fachliche und organisatorische Beratungspraxis reguliert wird, ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Schon 1997 hatte die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung einen Materialienband mit dem Titel „Rechtsfragen in der Beratung“ herausgebracht, der mittlerweile aufgrund der zahlreichen neuen rechtlichen Regelungen ziemlich veraltet war. 2009 ist daher ein völlig neu gestalteter Band über „Rechtsgrundlagen der Beratung. Empfehlungen und Hinweise für die Praxis“ erschienen, der eine umfassende Information über materielle und formale Grundlagen der Arbeit in Beratungsstellen liefert und sich zudem ausführlich mit den – heute mehr denn je – wichtigen Fragen des Datenschutzes im Kontext professioneller Beziehungsarbeit beschäftigt.
Zu den materiellen Grundlagen der Arbeit einer Beratungsstelle gehören u.a. die Rechtsgrundlagen von Hilfeleistungen, die Durchführung einer Hilfeplanung nach Paragraph 36 SGB VIII, die Mitwirkung von Beratungsstellenmitarbeitern in familiengerichtlichen Verfahren, die Abschätzung eines Gefährdungsrisikos nach Paragraph 8A SGB VIII, Beantragung und Gewährung von Eingliederungshilfen sowie Fragen der psychotherapeutischen Arbeit in Erziehungsberatungsstellen usw.
Unter die formalen rechtlichen Grundlagen der Beratung lassen sich beispielsweise die direkte Inanspruchnahme der Beratung durch Klienten, ihre Freistellung von Kostenbeteiligungen, die Ausgestaltung von Verträgen, die Fach- und Dienstaufsicht über Erziehungsberatungsstellen ebenso subsumieren wie Fragen der strafrechtlichen Verantwortung der Beraterinnen und Berater und ihre Haftung für Folgen des eigenen Handelns.
Der Umgang mit Privatgeheimnissen der Klienten und dem Schutz von Sozialdaten in der Zusammenarbeit zwischen Beratungseinrichtungen und Jugendämtern ist ausführlich Gegenstand des Kapitels über Datenschutz, darüber hinaus geht es dort auch um die Stellung von Fachkräften als Zeugen vor Gericht, um Fragen des Umfangs und der Art von Aktenführung und Beratungsdokumentation (Archivierung, Aufbewahrungsfristen etc.) sowie um den Umgang mit Datenschutzfragen in der Nutzung von Computern.
Das alles ist nur auf den ersten Blick eine relativ trockene Materie, der professionellen Leserschaft wird bei der Lektüre aber sofort klar, wie hochrelevant dieser Band für ihre praktische Alltagstätigkeit ist. Das Material ist hervorragend aufgearbeitet und präsentiert, alle Texte sind so geschrieben, dass auch juristische Laien die rechtlichen Aspekte ihrer Tätigkeit schnell nachvollziehen können. Besonders zu erwähnen ist das vierte Kapitel, in dem über 60 sogenannte „Fallkonstellationen“ aufgeführt sind, die anhand von alltäglichen Beispielen aus der Beratungsarbeit und der Tätigkeit in den Organisationen die damit verknüpften rechtlichen Fragestellungen behandeln. Dabei wird eine Vielzahl von Fragen berührt: Das Spektrum reicht von Konflikten mit Kostenträgern hinsichtlich bestimmter fachlicher Leistungen, Neueinstellungen von Mitarbeitern, Fragen der internen Organisation und Kontrolle (Dienst und Fachaufsicht), Kontrolle der Dokumentationen, Auskunftserteilung gegenüber Angehörigen bis hin zur Durchführung von Ko-Therapie, Übergabe von Klienten an Kollegen, Gestaltung des Verhältnisses zu anderen Organisationen (Schule, Kindergärten usw.), dem Umgang mit Strafverfolgungsorganen und der Feststellung von Kindeswohlgefährdungen.
Das 500 Seiten starke Buch sollte in einer Beratungsstelle jederzeit zur Hand sein, damit man sich schnell über unklare Rechtsfragen informieren kann. Die wesentlichen Gesetzestexte und Verordnungen sind im Wortlaut zitiert, so dass man bei Bedarf nach einer entsprechenden Vertiefung der Materie schnell fündig wird. Ein weiterer Abschnitt enthält Musterformblätter zur Entbindung von der Schweigepflicht, Tätigkeitsbögen u.a. Ein über 100 Seiten starkes Schlusskapitel stellt die Sammlung von „Texten anderer Institutionen“ dar, die neben den relevanten Gesetzestexten Ausführungsbestimmungen und Handreichungen des Deutschen Städtetages und anderer Verbände und Körperschaften enthalten. Insgesamt ein notwendiges, gut gemachtes und leserfreundliches Handbuch, das ein gewisses Maß an Sicherheit im Beratungsalltag gewährleisten kann. Der Band ist im Eigenverlag erschienen.
Zur Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
Hier gibt es ein detailliertes Inhaltsverzeichnis als PDF
Rechtsgrundlagen der Beratung. Empfehlungen und Hinweise für die Praxis
Materialien zur Beratung Band 15
512 Seiten
Preis: 38,50 €
ISBN 978-3-9805923-6-9
Verlagsinformationen:
Mit dem Band Rechtsgrundlagen der Beratung legt die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung zwölf Jahre nach dem Erscheinen der Rechtsfragen in der Beratung eine neue, vollständig überarbeitete Sammlung zu rechtlichen Themen der Beratungspraxis vor. Alle Texte sind für den juristischen Laien verfasst. Die rechtlichen Aspekte der Tätigkeit von Beraterinnen und Beratern werden nachvollziehbar präsentiert. Unterstützt wird dies durch eine Sammlung von Fallkonstellationen aus der Praxis. Die umfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen der Beratung in diesem Band ist das Ergebnis der kontinuierlichen Arbeit der Kommission für Rechtsfragen de BKE. Im zweiten Teil des Buches sind rechtliche Veröffentlichungen anderer Institutionen wiedergegeben, die für die Arbeit der Erziehungs- und Familienberatung von grundlegender Bedeutung sind. Abgeschlossen wird der Band durch eine Liste von Kommentaren zum Kinder- und Jugendhilferecht und ein Verzeichnis gebräuchlicher juristischer Abkürzungen.