systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

Möglichkeiten … und mehr. Ein Blick hinter die psychotherapeutischen Kulissen

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Hinter diesem Titel verbirgt sich die neueste literarische Arbeit von Jürgen Hargens, die in diesem Jahr im trafo-Verlag Berlin erscheint. Im Februar gab es eine Lesung am Institut für lösungsfokussierte Kommunikation, die als Video auch online betrachtet werden kann. Frederic Linßen, der das Institut leitet, hat folgenden Text zum Buch verfasst:

Frederic Linßen: Keine Rezension, keine Würdigung, sondern einfach eine persönliche Erfahrung

Der neue Erzählband von Jürgen Hargens – MÖGLICHKEITEN … und mehr. Ein Blick hinter die therapeutischen Kulissen hat mich zu diesen persönlichen Betrachtungen und Überlegungen angeregt. Möglichkeiten scheint eine in meinen Augen treffende Beschreibung für vieles von dem zu sein, was Jürgen seit den 1970er Jahren in Bewegung gesetzt hat.

Den meisten Leserinnen und Lesern des systemagazins dürfte er bekannt sein – 1983 Gründer und zehn Jahre Herausgeber der Zeitschrift für systemische Therapie, jetzt mit dem Zusatz und Beratung –, begann er 1986 mit der Herausgabe der Buchreihe systemische studien, in der 21 Bände erschienen sind. 1979 eröffnete er seine Praxis – systemische Therapie war das Kennzeichen -, gab an verschiedenen Instituten regelmäßig Kurse und publizierte selber Fachbeiträge. Seine Reisen in die USA und Kanada ermöglichten es ihm, vor Ort fast alle damals wichtigen Fachpersonen nicht nur kennenzulernen, sondern auch in ihrer Arbeit und ihrem Alltag zu erleben. 

Das alles war sein nicht unwesentlicher Beitrag, systemische Therapie, systemisches Denken und Handeln in Deutschland bekannt zu machen, um sich dann ein paar Jahre später den lösungsfokussierten Ideen zuzuwenden. Dabei war es ihm immer wichtig, alle diese Ideen in seiner Praxis anzuwenden und weiterzuentwickeln, meist gemeinsam mit anderen.

Er hat auf diesem Weg viel veröffentlicht, vorrangig Fachbücher und –artikel. Seit 2003 änderten sich die Themen seiner Veröffentlichungen und seit dem Erreichen des Rentenalters schreibt er nur noch Erzählungen und Romane, in denen er Ideen systemischer und lösungsorientierter Vorgehensweisen in interessante, anregende und unterhaltsame Geschichten einbettet.

Auf diese Weise hat er wieder Möglichkeiten aufgezeigt und sie konsequent umgesetzt – seine Bücher richten sich an jedermann und jedefrau, nicht nur an Fachleute.

Kaum jemand schafft es, wie er, so verständlich und anregend beschreiben, was sich in lösungsfokussierter Arbeit ereignet, wie Menschen reagieren und welche Optionen bzw. Möglichkeiten sich daraus entwickeln können. 

Er beschreibt den Alltag aus den jeweiligen Perspektiven der Personen, wie er auch in den dabei immer stattfindenden beraterischen Situationen Überlegungen aller Beteiligten verdeutlicht – eben Möglichkeitenaufzeigt. Dabei geht es nie um großartige Lösungen oder ein glückliches Ende, sondern darum, das alltägliche Leben in verschiedenen Facetten zu beleuchten und zu erhellen, wobei dieses Licht immer verschiedene Perspektiven ins Zentrum stellt und somit immer anregt, auch sich selber beim Lesen zu positionieren.

In seinem neuen Buch stellt er dar, wie fünf Fachpersonen, Männer und Frauen, sich zusammenfinden und ihre Alltagspraxis gemeinsam schrittweise zu verändern beginnen. Dabei geht es nicht nur um die Reflexionen der Fachpersonen, sondern auch um das konkrete Arbeiten mit unterschiedlichen Herausforderungen: ein Jugendlicher, der nicht weiterweiß und nicht über sein Problem reden will; eine Familie, die mit dem ältesten Sohn Schwierigkeiten hat; ein Jugendlicher, der im Heim lebt und mit vielen sozialen Helfern und Helferinnen zu tun hat so wie einem älteren Mann, der in einer Klinik wegen Alkoholproblemen behandelt wird.

Mit seinen Geschichten führt Jürgen gleichsam „nebenbei“ in lösungsfokussierte Gedanken ein, gewissermaßen eine etwas andere Form (oder Möglichkeit) der Fortbildung. Da er sehr klar und verständlich schreibt, scheinen sich auch „Nicht-Fachpersonen“ wohl zu fühlen und werden angeregt. Dies zeigte sich dann in den lebhaften Diskussionen und Gesprächen, wenn die Geschichten zu Ende gelesen waren. 

Ich kenne Jürgen seit über zehn Jahren, in denen er an unserem Institut im Rahmen der Weiterbildung tätig ist. Inzwischen ist seine Lesung Anfang eines jeden Jahres eine Institution im ILK.

Die Lesungen waren immer gut besucht und stießen auf großes Interesse. Es kamen nicht nur Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Fortbildungen wie auch deren Partner und Partnerinnen, sondern auch ganz einfach Interessierte. 

Sein oben erwähntes neuestes Buch – MÖGLICHKEITEN … und mehr – hat mir noch einmal deutlich vor Augen geführt, welche Möglichkeiten solche Erzählungen bieten. Sie ermöglichen so etwas wie eine ein wenig andere Form der (Eigen-) Fortbildung und schaffen Raum für Zuhören und Nachdenken.

Dieses Jahr musste Jürgen um- bzw. neulernen. Es gab keine Möglichkeit mehr, Präsenzseminare durchzuführen, so dass er, „auf seine alten Tage“ noch in das Geschäft der online-Seminare einsteigen und die dazugehörige „Technik“ lernen musste. 

Ende Februar haben wir dann erstmals eine Online-Lesung durchgeführt, die Resonanz war groß: 98 Plätze waren innerhalb kurzer Zeit vergeben.  

Die Aufzeichnung dieser unterhaltsamen und lehrreichen anderthalb Stunden findet sich unter www.loesungsfokussiert.de/vortraege

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