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Arnold Retzer wird 70!

| 1 Kommentar

Heute feiert Arnold Retzer seinen 70. Geburtstag und systemagazin gratuliert ganz herzlich!

Nach seinem Studium der Medizin, Psychologie und Soziologie arbeitete Arnold Retzer ab 1987 am Universitätsklinikum der Universität Heidelberg bis zum Jahr 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und später als leitender Oberarzt in der Abteilung für Psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie, nach der Emeritierung von Helm Stierlin leitete er die Abteilung kommissarisch für zwei Jahre. 1988 wurde er mit einer Dissertation über Interaktionsphänomene im systemischen Familien-Erstgespräch an der medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg zum Dr. med. promoviert. Über seine Beschäftigung mit dem Zusammenhang von Familieninteraktion und Psychopathologie bei schizophrenen, schizoaffektiven und manisch-depressiven Psychosen hat er zu vielen Themen aus systemischer Perspektive Veröffentlichungen vorgelegt, vor allem zum Thema Paartherapie und Paarbeziehungen. Auf seiner Website ist ein Interview der Zeitschrift Psychologie Heute von 2016 zu finden, in dem er zu seiner Perspektive auf Paarprobleme und ihre Bearbeitung Stellung nimmt.

Als Publizist war er von 1996 bis 2005 Mitherausgeber der Zeitschrift Familiendynamik. Bundesweit über die Therapieszene hinaus wurde er mit einem Buch über „Miese Stimmung“ bekannt, einer „Streitschrift gegen positives Denken“, in der er ein Plädoyer gegen das gegenwärtige Diktat der Selbstoptimierung hält. Auf einer Veranstaltung in der Wiener Arbeiterkammer (s. Video) erklärt er im Gespräch mit Franz Köb, wie sich Zeitgeist, Kultur, Weltverständnis, Lebensentwurf und schlechte Stimmung wechselseitig bedingen.

Lieber Arnold,

zum runden Geburtstag wünsche ich dir mit anderen Kolleginnen und Kollegen alles Gute, Gesundheit und Lebensfreude – und uns weiterhin viele scharfsinnige Impulse und Gedanken, die unsere Diskurse bereichern mögen.

Herzliche Grüße
Tom Levold

Herzlichen Glückwunsch und alles Gute zu Ihrem 70. Geburtstag, Herr Dr. Retzer!
Als Systemischer Lehrtherapeut (SG) und Lehrender Supervisor (SG) zitiere ich Sie seit mehr als zwanzig Jahren in Seminaren zum Thema „Stationäre Systemische Therapie hoch belasteter Jugendlicher“: Vor allem Ihre Metapher der „Schwitzhütte“, als Übergangsritual „Kinder- und Jugendpsychiatrie“, bewirkt auch im 21. Jahrhundert weitere kreative Lösungsideen bei Kolleg·innen, für deren professionelle systemische Arbeit. Ich freue mich auf weitere Publikationen von Ihnen!

Peter Ebel, Berlin


Lieber Arnold,
in diesen Monaten vor dreißig Jahren saß ich bei Dir erstmalig im Fortgeschrittenenkurs bei der IGST, fasziniert und mit großen Augen, verstanden habe ich wenig bis nichts. Gut so, denn das steigerte meine Neugier, mich auf den Weg zu machen und systemtheoretische Modelle zu studieren, zu üben. Nur einmal habe ich Dich nach Worten suchend gesehen, als beim Abschluss dieses Kurses der unvergessene Nils Clausnitzer als Nachrichtensprecher (natürlich frei erfundene) Geschichten über einen gewissen Arnold Retzer in die Kamera sprach. Herrlich. Es mag dramatisch klingen, aber Du hast mich im besten Sinne davor bewahrt, nicht in den Mühlen einer psychiatrischen Institution zerrieben zu werden. Das von Dir entwickelte Modell zur Konfliktorganisation in psychotischen Systemen besticht durch Plausibilität, gerne erinnere ich mich an die Supervisionsgruppe im psychiatrischen Zentrum in Wiesloch. Nicht nur dort hast Du uns gezeigt, wie man Familientherapie macht und was man besser nicht machen sollte. Dich als Lehrenden zu haben, war nicht leicht, denn Du hast gefordert, zu denken, zu lesen, sich zu üben. Wunderbar.
Deine Vorträge und Seminare bei uns in Kassel haben (bei Einigen heftig) gewirkt und nachgewirkt, so manche Teilnehmer*in in unseren Weiterbildungen bezieht sich darauf. Mir bist Du ein Lehrmeister in Weiterbildung und Therapie gewesen, dafür bin ich Dir sehr in Dankbarkeit verbunden. Und wenn Du am Montag im Kreis Deiner Liebsten feierst, rufe ich Dich aus Ladenburg im Tal nach oben auf den Gaiberg : „Herzlichen Glückwunsch, lieber Arnold, alles erdenklich Gute für Dich“.

Andreas Wahlster


Lieber Arnold

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute zum Geburtstag!

Das weißt Du wahrscheinlich gar nicht: Du warst der Erste, der mich Hoffnung schöpfen ließ – dass Psychiatrie und systemische Therapie DOCH irgendwie zusammen geht… Ich war in einem Workshop bei Dir und habe mit Dir zu streiten versucht, was nur teilweise gelang. Wir haben uns nämlich geeinigt! Nicht „auflösen“, sondern „aufweichen“ solle man die Krankheitskonzepte psychose-erfahrener Menschen und ihrer Angehörigen. Das war ungefähr 1990.

Später warst Du Vor-Denker nicht mehr für die Psychiatrie, dafür für Paare (und ihre Berater:innen). Und ich wieder Dein Fan.

Danke für all das – und hoffentlich hören wir noch viel von Dir!

Deine Ulrike Borst
aus dem Süden der Republik und der Schweiz


Lieber Arnold,

„Für das Handwerk der Psychotherapie braucht man eigentlich weder eine Theorie noch ein Konzept. Es genügt, dass man weiss, was zu tun ist. Aber woher weiss man, was zu tun ist, und vor allem wer weiss schon, was zu tun ist? Hier hilft dann schon ein Konzept oder eine Theorie ungemein, vielleicht besser sogar mehrere.“
Dies die Worte, die Du mir vor gut 10 Jahren an den Anfang Deines Geleitwortes für mein erstes Buch „Erfasse komplex, handle einfach“ (2012/13) gestellt hast. Damit hast Du nicht nur auf den Punkt gebracht, was für mich bis auf den heutigen Tag mein Verständnis von Psychotherapie prägt, sondern Deine Worte bleiben Ausdruck einer Verbundenheit über die Jahre , die unterschiedlichen systemische Konzepte wie auch über die Landesgrenz hinweg. Ja, und dass man oft auch um den Brei herumreden muss um etwas auf den Punkt zu bringen, auch das habe ich von Dir gelernt. In diesem Sinne bleiben für mich u.a. das Gastseminar zu dem ich Dich 2010 nach Bern ins ZSB eingeladen habe, und darin die gemeinsame, konsultative Supervisionssitzung zusammen mit einem Klienten-Paar unvergesslich, inklusive der damit verbundenen Nachwirkungen.
Auch wenn wir uns in der Folge nur noch selten, zum letzten Mal wohl an einem von Dir mit organisierten paartherapeutischen Kongresse in Heidelberg, begegnet sind, habe ich Deinen Humor, Deine spitze Rhetorik gespickt mit verstörenden Interventionen gerne mit in mein Gepäck genommen. Dies allerdings in unser beider Wissen, dass wir in erster Linie von der Wirklichkeit und damit von unsern KlientInnen gelernt haben und immer wieder Neues lernen können.
In diesem Sinne, lieber Arnold, herzliche Glückwünsche zu Deinem heutigen, runden Geburtstag und willkommen im stetig grösser werden Systemiker- Oldies Club 70+, wo auch immer Deine und meine Reise uns noch hinführen.

Martin Rufer , Bern


Lieber Arnold,
zu Deinem 70. Geburtstag senden wir Dir unsere besten Wünsche. Natürlich v.a. Gesundheit. Wir haben unendlich viel von Dir gelernt. Deine unbestechliche und überaus kluge Art, systemisches Denken weiterzuentwickeln. Dein Mut, auch heilige systemische Kühe zu hinterfragen, zu kritisieren und damit Diskurse anzuregen.
Wir wünschen Dir einen schönen Tag mit Deiner Frau Astrid, Euren Kindern und Enkelkindern und auch weiterhin eine angemessene Portion „resignativer Reife“ – davon kann man ja nie genug haben, nicht nur beim Älterwerden.

Rudolf Klein und Barbara Schmidt-Keller


Lieber Herr Retzer,
Ich gratulieere Ihnen ganz herzlich zu Ihrem Siebzigsten und danke für alles, was Sie uns «gebracht» haben!
Luc Ciompi


Lieber Arnold,

wir sind uns seit ziemlich langer Zeit nicht mehr üner den Weg gelaufen. Ich habe das zwischenzeitlich immer mal wieder bedauernd zur Kenntnis genommen. Denn ich erinnere mich an interessante und bereichnernde Begegnungen. Zu Deinem runden Geburtstag gratuliere ich herzlich, begrüße Dich als inzwischen Langzeiterfahrerener unter den +70igern und wünsche Dir alles Gute!

Wilhelm Rotthaus


Lieber Arnold,

Du bist es schuld! 1992 kam ich nach Heidelberg auf den großen Kongress, der mir als ein echtes Highlight in Erinnerung geblieben ist. Du hast auf dem Podium den Witz erzählt von der Klinik, die sich einen Lügendetektor angeschafft hatte und nun einen Patienten, der zur Entlassung anstand, zur Sicherheit nochmals testen wollte. Auf die Frage, ob er sich immer noch für Jesus halte, verneinte er dies, der Lügendetektor aber zeigte an, dass er log. Das war nun doch Wissenschaftstheorie vom Feinsten und hat mich überzeugt, die dann folgende Ausbildung, erst bei Dir, dann bei Fritz Simon, ebenso.
Als das Jesus Phänomen dann auch im Kurs auftauchte, genährt gleichermaßen durch die Erlösungshoffnungen der Teilnehmerinnen und Deiner Bereitschaft, Ihnen ironisch getränkten Zucker zu geben, hast Du gar eine gruppendynamische (oh je) Intervention mitgemacht und zur Rückmeldung eingeladen. Das ist mir unvergessen geblieben. 1995 hast Du mich, zusammen mit Fritz Simon, zu einem Beitrag für die Familiendynamik eingeladen und mir damit einen diskursiven Ort eröffnet, den ich seitdem regelmäßig genutzt habe. Auch dafür einen herzlichen Dank. Neulich wurde ich von einer Gruppe von Supervisorinnen zu einem Workshop eingeladen mit dem Hinweis, ich würde eine Art „resignative Reife“ a la Retzer zeigen, von der Du im Zusammenhang mit Paarbeziehungen immer reden würdest. Also offensichtlich Fans von Dir. Das wäre doch ein Workshop Angebot, dass noch gut in Dein Portfolio passen würde: „Resignative Reife für Berater“, natürlich konfessions- und verfahrensübergreifend, aber mit einer Altersbegrenzung – nach unten.
In diesem Sinne wünsche ich noch viele gute Jahre und grüße Dich herzlich zu Deinem 70. Geburtstag, den ich gerade schon hinter mir habe. Beim Älterwerden muss der Konstruktivist vor den Facts of Life noch die eine oder andere Feder lassen. Ansonsten geht es – noch eine Weile – einfach weiter.
Herzlichst Oliver König

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Ein Kommentar

  1. Wolfgang Traumüller sagt:

    Lieber Arnold,

    zu Deinem unglaublichen 70. Geburtstag, den Du in dieser Coronapause hoffentlich gebührend und inmitten freundlicher Menschen feiern kannst, möchte ich Dir auf das herzlichste gratulieren! Unglaublich um so mehr, als ich ja in nicht allzu weiter Zukunft hinterher komme und gar nicht daran denke, 70 sein oder werden zu wollen. Ich weiß gar nicht, was das sein soll, wenn man mich fragt – aber habe gewisse Ahnungen, wenn man mich nicht fragt. Und denke immer öfter an Dein berüchtigtes Wort von der „resignativen Reife“, die Du in diesem verrückten Buch mit dem Lob der Vernunftehe auf den Markt geworfen hast, die eigentlich direkt so keiner will, aber im stillen Jahr um Jahr umso leibhaftiger führt. Das muß man ja auch einfach mal loben, obwohl ich zuerst dachte, jetzt ist der gute Arnold völlig durchgeknallt, als ich nur den Titel sah, will doch jede/r einfach etwas Besonderes sein, dem zumindest in der Ehe pflichtschuldigst zu huldigen ist. 😀

    Es ist ja nun ein paar Jahrzehnte her, seit sich unsere Wege gekreuzt haben. Ich erinnere mich an mühselige Zeiten, Dich samt Fritz zu Euren gemeinsamen Seminaren buchstäblich ausgegraben zu haben, nachdem ich schon einmal in der Voßstraße über Deinen Namen gestolpert war, die oft unter ganz anderen Räumen ausgedruckt waren als dort, wo sie letztlich stattfanden, wenn sie stattfanden. Naja, guggemermoo, denkt man zuerst….! Die dann aber sowohl unter fachlichen wie humoristischen Gesichtspunkten stets ein großer und höchst vergnüglicher Gewinn waren. Auch ein Privatissimum hätte es ja beinahe einmal gegeben, wäre da nicht im letzten Augenblick noch ein zweiter unterm Dach in der IGST aufgeschlagen. Sehr komplexe, feine, dichte Sachen, wie ein Großes Gewächs beim Wein, das lange nachhallt in einem schier unendlich langen „Schwanz“, wie man zu sagen pflegt!

    Seither gab es bei Gott viele weitere Anlässe, die vor meinem geistigen Auge vorüber ziehen, besonders die herrlichen „Paarungen“, Kongresse, die Du mit Uli voller exquisiter Höhepunkte ausgerichtet hast, die ich der deutschen Pfarrerschaft in ihrem Fachblatt nahe brachte. So hätte es unbedingt weiter gehen können und sollen… Ein Schocker, als Du dann vor ein paar Jahren Dein Institut geschlossen und damit gewisse Signale einer Wende in Deinem reichen Arbeitsleben gesetzt hast! Tja, wenn da nicht die liebe Zeit wäre, die manche messen und behaupten, daß sie darum vergehe. Jahr um Jahr. Und plötzlich „ist“ man dann 70. Aber kalendarisches Alter ist unspezifisch!

    Als wir 1996 Ursula Lehr, unsere Alt-Meisterin und Chefin am Heidelberger Gerontologischen Institut in den Ruhestand verabschiedeten, haben wir ihr gesungen: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an…“ Und wahrlich sie, die vor wenigen Wochen mit stolzen 92 Jahren leider verstorben ist und lehrte, „nicht dem Leben Jahre, sondern den Jahren Leben zu geben“, gab im Gas geben noch lange nicht nach.

    Du ja irgendwie auch nicht. Und so verwundert die Zahl 70 halt eben etwas, weil in diesen Jahren ja nun wahrlich noch viel zappelt, wo manche bösen oder blöden Zungen wahnhaft von altem Eisen reden, ohne je darauf gebissen zu haben. Manche freilich – und ich zähle in meinem engeren Freundes und Bekanntenkreis inzwischen 14!- haben sich in den wenigen letzten Jahren mit und ohne Corona in die Ewigkeit verabschiedet. In pandemischen und kriegerischen Zeiten zumal muß man mit Dingen rechnen, an die man gemeinhin ungern denkt. Ich hatte Dir ja vor kurzem von sehr guten Freunden erzählt, die eisern und freudig, wie sie sagten, mit Ende 70 und Anfang 80 gar den schwer fassbaren Weg des assistierten Suizids gegangen sind, was wie eine Bombe einschlug. Man solle -nach einem selbstbestimmten, freien Leben- aufhören, solange es noch gut und schön ist, bevor man einem Regime anheim falle, das kaum mehr zu kontrollieren sei und mit einem mache, was man im Leben wie im Sterben zum Teufel nicht wolle. Carl Amery und andere haben das ja ausgiebig bearbeitet. Es geht jedenfalls sehr unter die Haut, das eben rot – morgen tot. Aber das ist eine Begleitmusik von unser aller Leben. Und dabei stolpere ich immer wieder neu über Deinen schrecklich nachhaltigen Koan von der Hoffnung, die man hat, und der Information, die man nicht hat und wie das eine die Bedingung des anderen ist. Ich hatte es Dir vor 5 Jahren zum 65. nebst der netten Geschichte mit dem 90jährigen Jürgen Moltmann im Ernst-Bloch-Zentrum schon einmal ausgeführt, der darüber schier von den Socken war.

    Auch Du hast das Thema Suizid in Deinen „Passagen“ ja ausgiebig und eindrucksvoll traktiert, die ich wohl zum fünften Mal gelesen habe und das immer wieder irgendwie neu und gern. Ich halte sie -jedenfalls für mich- für das eindrucksvollste, qualitative Systemische Lehrbuch, das -gerade wie es diese ukrainischen Kriegstage erneut erweisen- bis heute an Aktualität nichts eingebüßt hat, und man es jedem der heranwachsenden, neuen Kollegengenerationen als Grundlektüre „um die Ohren hauen“ müsste, die nach den neuen Richtlinien und Bedingungen ausgebildet werden, damit sie die Weite, Spannkraft und Konsequenz des sie und ihre Arbeit tragenden geistigen Grundgerüstes einmal -und immer wieder fallrelevant- aufgespannt bekommen und das methodische Handwerkszeug quasi nebenbei mit. Mir erweist es sich immer wieder auf andere Art neu und die fünfte wird nicht die letzte Kreuzfahrt mit Dir gewesen sein, davon gehe ich fest aus. Nachdem ich mit Dir nun soz. zwanzig Jahre lang recht oft ins Bett gegangen bin, hat mich die resignative Reife offenbar noch nicht erfasst, es weiter hin mit Dir noch eine ganze Weile auszuhalten! Unter dem hohen Stapel neben meiner Schlafstatt fand ich neulich wieder jedes dicke, graue Buch, das mir bei nächtlicher Lektüre schon öfter aufs Hirn gefallen ist und das mir immer wieder deutlich macht: mit Retzer wird noch allerlei „passieren“. Ohne natürlich auch. Aber mit Dir, lieber Arnold, macht es deutlich mehr Spaß, gleich wie es kommt.

    In diesem Sinne wünsche ich Dir heute nicht nur einen wunderschönen Geburtstag, sondern auch eine ebensolche weitere Lebenszeit mit Schaffenskraft, widerständigem Geist und bärig schwarzem Humor! Schon Luther sagte, man müssen „dem Teufel ins Maul scheißen“, wenn er nach einem beißt! Die theologischen Anlagen hast Du dazu auf jeden Fall, den Mut sowieso. Helden werden ja gern als Kasper inszeniert, wie ich vor einiger Zeit im Ludwigshafener „Ring“ an der Siegfried-Gestalt wieder einmal sinnenträchtig vorgeführt bekam. Sie sind unerschrocken, kennen keine Angst und legen alles flach, was und wie es kommt, sei es Bär, Drache, Brun- oder Kriemhild, zeigen Dir, wo in der Schmiede der Hammer hängt- und sind am dicken Ende meist heldentot. Sie braucht’s nicht wirklich, wie durch Putin auf dem Roten Platz heute wieder para- und parodiert. Aber jene Vagabunden, Heilige, Hofnarren, Clowns, Bettler, fahrende, asoziale Gesellen und Schamanen, die -wenn überhaupt- mehrere Heimaten und keine haben und die Du unbedingt zu unseren beruflichen Vorfahren und -bildern zählst, sind unabdingbar, weil sie Garanten der Fraglichkeit und Respektlosigkeit, Balanceure der vagen Dinge und des Nicht-Wissens sind, deren Räume wir „cum tempore“ passieren und durch die hindurch „es“ passiert. Manchmal zu hohem Preis. Aber beim Zahlen nicht ohne den Humor, für den ich Dich mit vielen sehr schätze, und den man an Deinem irdischen Ende, wenn es denn irgend einmal kommt, vermutlich extra totschlagen muß, damit der Sarg zu geht. Was dann kommt, sagen Theologen, gäbe noch mehr Grund zum Lachen, aber das interessiert Dich noch nicht. Dafür bist Du noch zu jung!

    Darum freue Dich heute zuerst und ordentlich an Deinem Ehrentag, zu dem ich Dir herzlich gratuliere und noch viele weitere bei guter Gesundheit, Kraft und Lebensfreude wünsche, die Du sicher nicht für Dich behalten wirst, sondern den weisen Mund übergehen lässt! Und habe vor allem immer genügend guten Wein im Keller, der nachhaltig mit dem Schwanz wedelt, wenn Ihr Euch begegnet. Denn was man essen kann, das kann man auch trinken, lernt man in der Pfalz. Das andere komme, wann es wolle, und es kommt von selbst…

    Sei sehr herzlich gegrüßt!

    Wolfgang Traumüller

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