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Wie im Wald

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Elisabeth Klar (2014): Wie im Wald

Elisabeth Klar (2014):
Wie im Wald

Sabine Kirschenhofer stellt heute im systemagazin den Roman einer jungen österreichischen Autorin vor, die literarisch schon von sich reden gemacht und dafür auch einige Preise bei literarischen Wettbewerben gewonnen hat. Elisabeth Klar ist Literatur- und Kulturwissenschaftlerin, leitet den Verein Literaturwerkstatt Wien und hat mit „Wie im Wald“ ihren Debütroman vorgelegt, eine Studie über eine familiendynamisch spannende und angespannte Schwesternbeziehung:

Sabine Kirschenhofer, Wien:

„Sie hat Ja gesagt.“ So lautet der erste Satz des Romans, und im Laufe der Erzählung entspinnt sich die Tragweite dieses Jas für die Leserin bedächtig aber unerbittlich.

Lisa und Karin, Karin und Lisa, sie sind die Protagonistinnen dieser Geschichte: Karin holt ihre Pflegeschwester Lisa aus einer betreuten Wohngemeinschaft zurück in das Haus, in dem sie früher gemeinsam lebten, mit Karins Eltern und noch zwei weiteren wesentlich älteren Geschwistern – bis zu Lisas Weggehen und dem Suizid des Vaters. Die Großeltern und Geschwister von Karin sind schockiert über dieses unreife Unterfangen von Karin: Wie kann sie „die“ zurückholen, nach all dem, was damals geschehen ist?

In dem Haus neben dem Wald leben nun Karin und Lisa wieder miteinander, Karins Freund auch, doch der gerät zunehmend in eine Statistenrolle: Die Erzählperspektive wechselt fließend und virtuos von der einen zur anderen, dabei reden sie kaum miteinander; die Leserin wird zur intimen Zeugin der emotionalen Ausnahmezustände in jeder Frau, die so überwältigend mit der Vergangenheit verbunden sind. Miteinander sind sie in ein merkwürdiges (Ohn-)Machtsspiel verwickelt, denn das Zusammensein mit der anderen bedeutet schmerzhafte Konfrontation mit dem damals – mit vermeintlichem Verrat, vermeintlicher Schuld. Dabei spitzt sich die Auseinandersetzung immer mehr zu, die Leserin erfährt, was damals „wirklich“ (?) geschehen ist – wobei auch Karin und Lisa darum ringen, für welche Erinnerungen sie sich entscheiden – welche sind unaushaltbar und welche traut frau sich zu.

Über die inneren Dialoge der beiden Frauen erfährt die Leserin von den familiären Beziehungen von damals; dabei gelingt es der Autorin auf großartige Weise zu zeigen, wie unser Erleben, unsere Gedanken und unsere Erinnerungen von den Stimmen der Menschen um und in uns geprägt werden. Mit Lisa erfahren wir, wie die Stimme und Sätze des Vaters von ihr Besitz ergriffen haben, sie eingenommen haben und dies nach wie vor tun.

Ich war bis zur letzten Seite gefangen von der Hochspannung zwischen Karin und Lisa, Lisa und Karin … und der Wald spielt auch eine Rolle, nicht nur im Titel!

info

Elisabeth Klar: Wie im Wald. Roman

Residenz Verlag, Wien 2014
272 Seiten, 
Format 125×205 Hardcover

Preis: 22,90 €
ISBN: 9783701716364
ISBN ebook: 9783701744794

Verlagsinformation:

Zwei Schwestern in einem Haus am Waldrand: Mehr braucht es nicht für ein Machtspiel an den Grenzen des Verbotenen. Karin lebt mit ihrem Freund Alexander in dem Haus am Waldrand. Auch ihre Pflegeschwester Lisa hat da früher gelebt, ebenso wie die Eltern August und Inge, die Geschwister Margarethe und Peter. Damals waren Karin und Lisa glücklich, sie sind gewachsen wie wilde Brombeersträucher, sind Hand in Hand zum Grund des Sees getaucht und haben sich in engen Wurzelhöhlen versteckt. Dklar-ann ist etwas geschehen, August ist tot und das Pflegekind wurde verstoßen. Jahre später holt Karin Lisa zurück und die beiden verstricken sich in ein ebenso verstörendes wie betörendes Spiel, sie geraten in einen Sog von Abhängigkeit, Anziehung und Abstoßung, der uns bis zur letzten Seite in seinen Bann schlägt.

Über die Autorin:

Elisabeth Klar, geboren 1986 in Wien, Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft und Transkulturellen Kommunikation. Gemeinsam mit Susanne Müller leitet sie den Verein Literaturwerkstatt Wien. Für ihre Erzählungen hat sie zahlreiche Preise erhalten: Erster Preis des europäischen Literaturwettbewerbs der Jugend-Literatur-Werkstatt Graz (2004), dritter Preis des erophil-Wettbewerbs (2011), Stipendium Werkstatt für junge Literatur (2012), Finalistin des FM4-Wettbewerbs Wortlaut (2013). „Wie im Wald“ ist ihr erster Roman.

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