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Psychotherapieforschung – und ihre Beschränkung durch einen schulenspezifischen Bias

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Jürgen Kriz

Jürgen Kriz

In der aktuellen Ausgabe von „resonanzen – E-Journal für biopsychosoziale Dialoge in Psychotherapie, Supervision und Beratung“ ist ein Artikel von Jürgen Kriz über die Fragwürdigkeit der Übertragung eines experimentellen Forschungsparadigmas auf die Psychotherapieforschung zu lesen. Im abstract heißt es: „Das Ausüben von Psychotherapie einerseits und Psychotherapieforschung andererseits gehören unterschiedlichen Handlungsbereichen an – mit jeweils unterschiedlichen Regeln und Kompetenzen. Eine Vermengung beider Bereiche wäre ebenso problematisch wie der Versuch, die Regeln eines Bereiches zur Strukturierung des anderen heranzuziehen – also therapeutisches Handeln nach bestimmten wissenschaftsmethodischen Modellen zu strukturieren oder, anders herum, Forschungsmethodik nach therapeutischen Modellvorstellungen beziehungsweise „Schulen“ auszurichten.
Ein hervorragendes Modell zur Untersuchung experimenteller Forschungsfragen ist das RCT-Design mit randomisierten kontrollierten Studien. Dies gilt aber nur dann, wenn klar definierbare Ursachen und ebenso klar definierbare Wirkungen hinreichend isolierbar sind und die Realität brauchbar abbilden. Je größer der Handlungsspielraum zur Gestaltung der Ursachen (Interventionen) ist und je komplexer die relevanten Wirkungen sind, desto weniger tauglich ist dieser Ansatz.
RCT-Designs eignen sich in der Psychotherapieforschung daher besonders dann, wenn insbesondere manualisierte Programme angewendet werden. Dies gilt primär für die Verhaltenstherapie. Für psychotherapeutisches Vorgehen, das wesentlich in der prozess-spezifischen Entfaltung von Prinzipien begründet ist, sprengt die große Variabilität der Detail-Ursachen (Interventionen) die erforderliche massenstatistische Homogenität für ein experimentelles Design. Die Forderung, Wirksamkeit vor allem mit RCT-Designs zu belegen, läuft dort auf methodische Artefakte hinaus, beziehungsweise stülpt eine bestimmte psychotherapeutische Präferenz, nämlich für die Verhaltenstherapie, auf dem Wege der Wissenschaftsmethodik anderen Psychotherapieansätzen über.“

Online zu lesen ist der Artikel hier…
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