systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

OSC – Organisationsberatung Supervision Coaching 2020

Heft 1

Niessen, Cornelia & Heidi Möller (2020): Editorial: Aufblühen, Wachsen und Gedeihen bei der Arbeit. In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 1-3. 

Abstract: Arbeit wird häufig als eine Quelle von Stress betrachtet mit negativen Auswirkungen auf unsere psychische und physische Gesundheit. Arbeit trägt aber auch zu unserem Wohlbefinden, Gesundheit und persönlichem Wachstum bei. Persönliches Wachstum bei der Arbeit, „thriving“ (gedeihen) oder „flourishing“ (aufblühen) ist durch die Erfahrung von Vitalität (einem positiv aktivierten Affekt) und Lernen gekennzeichnet. Studien zeigen, dass persönliches Wachstum mit einer besseren Arbeitsleistung, Kreativität, Anpassung, Gesundheit und Wohlbefinden zusammenhängt. In diesem Themenheft wird der Frage nachgegangen, wie persönliches Wachstum im Arbeitskontext gefördert werden kann.

Hommelhoff, Sabine, Carina Schröder & Cornelia Niessen (2020): The experience of personal growth in different career stages: An exploratory study. In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 5-19. 

Abstract: We examine whether the experience of personal growth at work changes over the course of one’s career. Interviews with 29 childcare providers revealed that personal growth was felt after mastering challenges. The nature and content of these challenges seemed to vary according to career phase. Early-career individuals considered their daily work challenging. Professionals in the middle of their careers focused more on social conflicts and their resolutions, while professionals at the end of their careers were more likely to see unique, non-routine tasks as challenges. This study suggests that personal growth cannot be fully understood independently of career phase. Implications are discussed.

Rieder, Kerstin, Sylvia Kraus & Gerlinde Vogl (2020): On the road again: Wie kann die Arbeitsgestaltung zur Arbeitsfreude bei mobiler Arbeit beitragen? In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 21-36. 

Abstract: In dem Beitrag geht es um die Frage, welche Merkmale berufsbedingt mobiler Arbeit einen Zusammenhang mit Arbeitsfreude – als Indikator von intrinsischer Motivation – haben. In einer Studie wurden 407 mobil Beschäftigte schriftlich und 59 mittels Intensivinterviews befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl allgemeine arbeitsbezogene Ressourcen (Handlungsspielraum, Vielseitigkeit der Arbeitsinhalte, Führungsqualität) als auch mobilitätsbezogene Ressourcen (technisch-organisatorische Unterstützung unterwegs) die Arbeitsfreude stärken. In der Diskussion werden Empfehlungen für die Unternehmenspraxis abgeleitet.

Harzer, Claudia (2020): Fostering character strengths to promote thriving and flourishing in organizations. In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 37-50. 

Abstract: Character strengths are positively valued personality traits that find expression in individuals’ thoughts, feelings, and behaviors. Most adults develop up to seven core character strengths (i.e., “signature strengths”) which are central to their identity. According to fundamental theoretical assumptions about signature strengths, Person-Environment Fit Theory, Job Demands-Resources Theory and prior empirical research, employing one’s signature strengths leads to a number of favorable general and work outcomes. Strategies on the individual, team, and organizational level fostering signature strengths use in the workplace are summarized.

Krick, Annika & Jörg Felfe (2020): Die gesundheitsförderliche Selbstführungskompetenz – das Stärken- und Ressourcentraining. In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 51-64. 

Abstract: Das Stärken- und Ressourcentraining bietet eine Möglichkeit, die gesundheitsförderliche Selbstführungskompetenz zu stärken. Eine wissenschaftliche Evaluation des Trainings zeigt, dass es auf positive Resonanz stößt und wichtige Anregungen liefert, um Ressourcen im Arbeitsalltag zu fördern. Neben der Verbesserung von subjektiven Erfolgskriterien wie Achtsamkeit und gesundheitsförderlicher Selbstführung konnten auch auf physiologischer Ebene positive Effekte gezeigt werden. Für die Nachhaltigkeit wurde zudem eine Train-the-Trainer-Schulung konzipiert und erfolgreich evaluiert.

Ebner, Katharina (2020): Karriereoptimismus im Karrierecoaching fördern und messen. In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 65-78. 

Abstract: Karrierecoaching ist ein Coachingformat, das sich steigender Nachfrage erfreut. Trotz ihrer praktischen Bedeutsamkeit ist diese Dienstleistung aber inhaltlich unscharf definiert und ihre Wirkung empirisch schwach belegt. Der Beitrag begegnet diesem Mangel, indem Karriereoptimismus als Arbeitsziel im Karrierecoaching eingeführt wird. Karriereoptimismus wird als Sonderform situativen Optimismus vorgestellt und in der empirischen Befundlage zum Karrierecoaching verortet. Die positive Wirkung von Karriereoptimismus für die Laufbahn wird erörtert, und praktische Hinweise zur Förderung von Karriereoptimismus im Karrierecoaching werden gegeben.

Keller, Maike (2020): Technik für Gutes Leben – Eudaikonomie. Versuch über eine Neuausrichtung der Wirtschaft. In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 79-94. 

Abstract: Auf der Basis ihrer Erfahrungen als Geschäftsführerin eines mittelständischen Maschinenbauunternehmens analysiert die Autorin die gängigen Erfolgsfaktoren wirtschaftlichen Handelns auf Unternehmensebene und setzt sie in Beziehung zu den Elementen des Guten Lebens, wie sie von Aristoteles und Epikur beschrieben wurden. Ausgehend von deren Annahme, dass Eudaimonie (Lebensfreude) Quelle und Zielpunkt aller Existenz ist, integriert sie die aus der Ökonomie und der Philosophie stammenden Kernelemente des Gelingens zu einem Konzept der Eudaikonomie, in dem Ökonomie und Eudaimonie verschmelzen. Die Bedeutung einer solchen Firmenphilosophie für die unternehmerische Praxis wird erläutert.

Bauer, Sabine (2020): Konzepte der Achtsamkeit im Coaching? In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 95-110. 

Abstract: Achtsamkeitsmeditation ist seit Jahren in aller Munde. Zahlreiche Veröffentlichungen belegen ihre Wirksamkeit. Welche Einsatzmöglichkeiten bietet die Achtsamkeitsmeditation für das Coaching? Welche individuellen Achtsamkeitspraktiken bieten sich an? Wie können Coaches und Coachees davon profitieren? Dieser Artikel fasst ausgewählte Forschungsergebnisse zusammen, stellt ein Modell für Selbstmanagement vor, zeigt verschiedene Achtsamkeitspraktiken auf und möchte zur Diskussion anregen.

Schindler, Simon (2020): Ein achtsamer Blick auf den Achtsamkeits-Hype. In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 111-124. 

Abstract: Achtsamkeit liegt sowohl in der psychologischen Forschung als auch in vielen gesellschaftlichen Bereichen im Trend. Dieser Artikel wirft einen achtsamen Blick auf den aktuellen Forschungsstand. Dabei werden zum einen diverse methodische Limitationen bei der empirischen Untersuchung von Achtsamkeit deutlich, wodurch valide Aussagen über tatsächliche Effekte nach wie vor nur begrenzt möglich sind. Zum anderen wird eine Forschungslücke bei möglichen unerwünschten Auswirkungen identifiziert. So sind negative Konsequenzen beispielsweise auf interpersoneller und moralischer Ebene theoretisch plausibel herleitbar. Insgesamt kann ein Bedarf an weiterer Forschung konstatiert werden.

Webers, Thomas (2020): Rezension – Alica Ryba & Gerhard Roth (2019): Coaching und Beratung in der Praxis. Ein neurowissenschaftlich fundiertes Integrationsmodell. Stuttgart (Klett-Cotta). In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 125-126. 

Webers, Thomas (2020): Rezension – Jürgen Kriz & Fritz B. Simon: Der Streit ums Nadelöhr. Körper, Psyche, Soziales, Kultur. Wohin schauen systemische Berater? Heidelberg (Carl-Auer). In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 125-130. 

Webers, Thomas (2020): Rezension – Arist von Schlippe & Jochen Schweitzer: Gewusst wie, gewusst warum: Die Logik systemischer Interventionen. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 27 (1), S. 125-130. 


Heft 2

Fietze, Beate & Heidi Möller (2020): Führung und Team. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 135-138. 

Abstract: Die Entstehung dieser Ausgabe der OSC steht unter dem Eindruck der Corona- Pandemie. Wir erleben ein noch nie dagewesenes Sozialexperiment, das sich zuvor in seinen globalen Ausmaßen niemand hätte vorstellen können. Das ökonomische, soziale und kulturelle Leben wird auf unbestimmte Zeit auf das Allernotwendigste „heruntergefahren“: Die Bewegungsfreiheiten über die Staatsgrenzen hinweg werden stark eingeschränkt, die Flugzeuge bleiben am Boden, die Produktion wird gedrosselt, die sozialen Kontakte stehen unter Abstandsgebot.

Gegenwärtig wird der gesellschaftliche Diskurs über die Krise vorrangig von Virologen und Epidemiologen bestritten. Deren Problemdefinitionen und Situationsdeutungen wurden von den Akteuren des politischen Systems sehr schnell als Grundlage des eigenen Handelns übernommen. Die Mediziner selbst hingegen betonen die Begrenztheit ihrer fachlichen Zuständigkeit und fordern die Politiker auf, weitere Disziplinen heranzuziehen und ihre genuin politische Verantwortung zu übernehmen. Bisher werden die relevanten Fragen der ökonomischen, sozialen und kulturellen Folgekosten der Krisenbewältigung nicht ausreichend behandelt: Wie lange lassen sich ganze Volkswirtschaften durch noch so große staatliche Finanzzuschüsse in eine Art künstliches Koma versetzen? Welche politischen Folgen entstehen für die „Weltgesellschaft“? Welche Teilgruppen der Bevölkerungen tragen langfristig den größten Schaden? Welche Einschränkungen der individuellen Freiheitsrechte sind angemessen oder auch nur temporär hinnehmbar? Welche ethischen Dilemmata werden noch auftreten, zusätzlich zu der Triage am Krankenbett? Vor allem aber: Wie lassen sich überhaupt in diesen Dimensionen die langfristigen Risiken abschätzen und die „Fahrt auf Sicht“ einer iterativen politischen Prozesssteuerung mit einer langfristigen gesamtpolitischen Strategie verbinden? Die Erfahrungen in der Krise werden wohl zu veränderten gesellschaftlichen Selbstwahrnehmungen führen und möglicherweise – je nach Dauer der Krise – als formative Phase wirksam werden, die neue gesellschaftliche Wertorientierungen, Positionierungen, Bündnisse oder aber auch neue Konfliktlinien hervorbringt. Die Resultate lassen sich heute noch nicht absehen und müssen gerade deshalb in der gesellschaftlichen Reflexion und Diskussion darüber antizipiert werden.

Scholl, Wolfgang (2020): New Team-Work – eine neue Balance von Gruppe und Führung. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 139-154. 

Abstract: In den Diskussionen um „New Work“ spielt (weitgehend) auto- nome Teamarbeit eine zentrale Rolle. Wie dabei Führung funktionieren kann, bleibt meist unklar; klar ist nur, dass eine neue Balance von Gruppe und Führung jenseits der üblichen Führungskonzepte nötig ist. Die Forschung liefert dazu seit Mitte des 20. Jahrhunderts klare Hinweise, die hier dargelegt und mit den neuesten Führungskonzepten abgeglichen werden. Deutlich wird, dass Führung am besten flexibel von verschiedenen Teammitgliedern je nach Problem und besonderem Wissen ergriffen werden kann und dass die Nutzung der Machtgrundlagen dabei entscheidend ist.

Novotny, Till (2020): Teamkompetenz an der Spitze – der neue Anspruch auf dem C-Level. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 155-168. 

Abstract: Die oberste Führungsebene der Unternehmen sieht sich immer noch als Gruppe starker Einzelkämpfer, ist aber in wachsendem Maße als kongeniales Team gefordert. Dazu sind über die individuellen Fähigkeiten hinaus Teamkompetenzen im Bereich der Interaktion, der gemeinsamen Reflexion und der gemeinsamen Verantwortung erforderlich. Um dies zu erreichen, ist zu berücksichtigen, dass offener Umgang und gemeinsame Persönlichkeitsentwicklung bisher kaum zum Selbstverständnis auf dem C-Level gehören. Der Autor beschreibt, wie die oberste Führungsebene auch mit diesen Voraussetzungen zum Team werden kann.

Kunert, Sebastian & Sarah Dittmann (2020): Die Bedeutung des Teamklimas in Relation zu Organisationskultur, Führungsrepertoire und Motivation. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 169-183. 

Abstract: Zusammenfassung Dieser Artikel widmet sich der Frage, wie groß der Einfluss der Gruppenebene auf den Organisationserfolg ist. Der Effekt wird in Abhängigkeit von der Organisations-, der Führungs- und der Individualebene betrachtet. Mit einem online-Fragebogeninstrument, das auf dem Competing Values Framework basiert, wurden Teamklima, Organisationskultur, Führungsrepertoire und Motivation der Mitarbeitenden in jeweils 4 Facetten erhoben. Die Ergebnisse der Korrelationsanalysen bestätigen zunächst die zu erwartenden positiven Zusammenhänge. In multiplen Regressionen setzten sich jedoch nur die Organisations- und die Individualebene als bedeutend für die Vorhersage des subjektiven Unternehmenserfolgs durch.

Lange, Christina & Thomas Webers (2020): Die Führungskraft als Coach aus Mitarbeitersicht – Eine qualitative Studie. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 185-198. 

Abstract: Die Rolle der Führungskraft als Coach wird in der Fachliteratur überwiegend kritisch gesehen und diskutiert. Insbesondere die Neutralität und Professionalität der Führungskraft wird in Frage gestellt. Bislang war unklar, wie die Mitarbeiter als Betroffene Führungskräfte als Coach erleben. Ebenfalls war die Sichtweise von Mitarbeitervertretungen unbekannt. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das Konzept insbesondere von Mitarbeitern, die externes Coaching kennen gelernt haben, sowie von Mitarbeitervertretern eher kritisch gesehen wird.

Hamdi Bek, Nadia (2020): Indirekte Motivdiagnostik im Management-Coaching. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 199-208. 

Abstract: Per Definition sind uns unsere impliziten Motive in ihrer Funktion als basale Handlungstreiber nicht bewusst. Gleichzeitig gilt der Zusammenhang zwischen impliziten Motiven und Führungsverhalten bzw. -erfolg als gesichert. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte ihre eigene Motivstruktur kennen, damit Defizite im Führungskontext bearbeitet werden können. Die indirekte Motivdiagnostik kann im Rahmen eines Führungskräfte-Coachings einen wertvollen Beitrag dazu leisten, das eigene Motivprofil zu reflektieren und darauf aufbauend gezielte Motivarbeit zu betreiben sowie motivationale Kompetenzen zu erwerben.

Diermann, Isabell & Isabel Meyer zu Riemsloh (2020): Was passiert im Gründercoaching? Eine qualitative Studie zu Prozess- und Expertenberatung in Gründercoachingprozessen. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 209-222. 

Abstract: Die vorliegende Studie exploriert die Rolle von Prozess- und Expertenberatung im Gründercoaching. Die Ergebnisse einer qualitativen Interview-studie mit 44 Coaches zeigen, dass beide Modelle im Gründercoaching von Bedeutung sind, wobei deren Gewichtung sehr unterschiedlich ausfallen kann. Innerhalb des Prozessberatungsanteils gehen Coaches auf 17 verschiedene Themen ein, im Expertenberatungsanteil sind vier Themenbereiche relevant. Coaches setzen das jeweilige Beratungsmodell bewusst im Coachingprozess ein und reagieren damit auch auf bestimmte Anlässe, wahrgenommene Emotionen oder Reaktionen der Gründer. Die Ergebnisse lassen Implikationen für Praxis und Forschung zu.

Berresheim, Alexander & Ruthild Vaihinger (2020): Die Bedeutung des Berufshabitus für die Beratung von Polizisten. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 223-238. 

Abstract: Die Arbeit analysiert die spezifischen Merkmale des polizeilichen Berufshabitus, reflektiert das eigene Erleben und ordnet diese Aspekte in einen psychodynamischen Kontext ein. Die sich hieraus ergebenden Implikationen für die Trainings- und Beratungsarbeit der Autoren, die sich vornehmlich auf operativfachliche Fragestellungen im Einzel- und Gruppensetting mit erfahrenen Kriminalbeamt/innen bezieht, werden aufgezeigt. Die Reflexion der eigenen Psychologenrolle als organisationaler Exot, aber auch die Verwobenheit mit der Institution Polizei finden besondere Beachtung.

Csef, Herbert (2020): Thomas Middelhoff – Psychogramm eines gescheiterten Narzissten. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 239-249. 

Abstract: Thomas Middelhoff wurde jahrzehntelang als deutscher Starmanager gelobt und bewundert. Im November 2014 wurde er wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Mittlerweile hat Thomas Middelhoff zwei Autobiographien geschrieben, die seinen Aufstieg und sein Scheitern sehr plastisch darstellen. Er beschreibt sich darin als einen von Narzissmus, unersättlicher Gier, Egoismus und zahlreichen anderen „Todsünden“ getriebenen Manager. Das Scheitern von Thomas Middelhoff ist ein wichtiges Lehrstück für die Wirtschaft und die Gesellschaft. Es zeigt auch die Gefährdung menschlicher Beziehungen durch krankhaften Narzissmus.

Schiemann, Sandra Julia & Eva Jonas (2020): Streben nach Macht fern von Ethik: Die „dunkle Triade“ bei Führungskräften und die Folgen für Organisationen. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 251-263. 

Abstract: Die dunkle Triade – bestehend aus Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie – ist mit stark unethischen Verhaltensweisen verknüpft. Personen mit hohen Ausprägungen können dementsprechend zu vielen negativen Folgen für eine Organisation führen. In diesem Artikel wird die dunkle Triade mit ihren Risiken genauer beleuchtet und die Relevanz einer ethischen Unternehmens- kultur betont, die bereits bei der Stellenbesetzung beginnen sollte. Der Artikel bietet eine Übersicht über aktuelle Forschungsergebnisse zur dunklen Triade in Organisa- tionen und ergänzt diese durch Interviews aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Fede, Manfred (2020): Rezension – Brigitte Schigl, Claudia Höfner, Noah A. Artner, Katja Eichinger, Claudia B. Hoch & Hilarion G. Petzold (2020): Supervision auf dem Prüfstand. Wirksamkeit, Forschung, Anwendungsfelder, Innovation (2. Aufl.). Wiesbaden (Springer). In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (2), S. 265-267. 


Heft 3

Bachmann, T. & H. Möller (2020): Gestalt in Coaching und Beratung. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 271-274. 

Abstract: Vor fast genau 70 Jahren, 1951, erschien das erste Buch zur Gestalttherapie – „Excitement und Growth in Human Personality“ stand im Untertitel. Für dieses gemeinsame Projekt schöpften Fritz und Lore Perls, Paul Goodman und Ralph Hefferline aus Quellen der Gestaltpsychologie, des Existenzialismus, der Psychoanalyse, aus fernöstlichen Lehren und körperorientierten Ansätzen, wie sie z.B. Wilhelm Reich vertrat. Später wurden Bubers Dialogphilosophie und Lewins Feldtheorie integriert. Kaum ein sonstiger therapeutischer Ansatz strebt so reichhaltig nach Ganzheitlichkeit, hatte und hat er doch den Anspruch, den Menschen in seinem inneren und äußeren Verwobensein mit anderen und mit der Umwelt zu begreifen und ihn zu ermutigen, für seine Bedürfnisse, Wünsche und Träume einzutreten. Dieses Anliegen ist bis heute Leitbild der Gestalttherapie, wenn inzwischen auch differenzierter und nicht mehr so radikal wie in den Anfangsjahren, in denen jede Überlegung, jedes Denken als Kontaktstörung bezeichnet wurden, weil es die spontanen Impulse hemmte. Vergleicht man die Gestalttherapie mit anderen Ansätzen, fällt auf, dass sie kaum über so etwas wie Methoden oder Techniken verfügt. Ihre Kraft und Faszination steckt in der Haltung des Therapeuten und den grundlegenden Arbeitsprinzipien. In einer gestalttherapeutischen Sitzung begegnet der Therapeut dem Klienten mit ganzer Präsenz, umfassend und bestätigend und als Dialogpartner im Buberschen Sinne. Das „Hier und jetzt“ (nicht das „Dann und dort“) steht im Mittelpunkt, die Sitzung wird zum Erfahrungsraum und Experimentierfeld für den Klienten. Ziel ist nicht die Veränderung, sondern die Förderung von Gewahrsein und Bewusstheit, mit der Gewissheit, dass diese ganz von selbst für Veränderung und Wachstum sorgen wird.

Der Erfolg der Gestalttherapie besteht nicht nur darin, dass sie sich seitdem als wichtige Therapierichtig etabliert hat, sondern in ihren theoretischen und praktischen Einflüssen z.B. auf die Systemtheorie, die Motivations-, Persönlichkeits-, Lern- und Entwicklungs-, Organisations- und Arbeitspsychologie sowie die praktischen Anwendungen in Coaching, Organisationsberatung und Change-Management. Die „offene Gestalt“, Achtsamkeit und „Awareness“, Orientierung an eigenen Bedürfnissen und Wünschen, Selbstsorge, Selbstausdruck, Intuition, Kontaktgestaltung, Begegnung, aber auch Veränderungsansätze wie Lewins „Unfreeze-Change- Refreeze“ oder das in letzter Zeit vielfach beachtete Konzept der „Psychological Safety“ haben – neben vielen anderen Impulsen – ihren Ursprung in Gestaltansätzen. In den Artikeln zu diesem Themenschwerpunkt ist eine kleine Auswahl von Perspektiven und Anwendungen des Gestaltansatzes zusammengestellt.

Looss, Wolfgang (2020): Gestalt und Organisation revisited: Organisationsberaterisches Handwerk, modische Konzepte und die Denkfigur des „kollektiven Selbst“. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 275-285. 

Abstract: Der Beitrag geht der Frage nach, was eine gestaltorientierte Perspektive an Möglichkeiten bietet, beraterisch mit Organisationen umzugehen. Dabei werden die Erfahrungen gesichtet, die gestaltorientiert vorgehende Beratungspersonen beim Umgang mit organisationsbezogenen Fragestellungen in den letzten Jahren gesammelt haben. Ausgehend von der Idee des „kollektiven Selbst“ geht es letztlich darum, bisher ungekannte Interventionsideen zu generieren. Die Gestaltperspektive liefert mit ihrer Theorie des Selbst dazu brauchbare Unterscheidungen.

Bachmann, Thomas (2020): Die Kontaktgrenze in dynamischen Zeiten oder Gedanken zum Coaching 4.0. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 287-298. 

Abstract: Im folgenden Artikel werden die derzeitigen gesellschaftlichen Umbrüche, die sich vor allem durch die Digitalisierung manifestieren, als Veränderungen von Systemgrenzen beschrieben, und zwar anhand des gestalttherapeutischen Konstrukts der Kontaktgrenze. Die Herausforderungen, Auswirklungen und Implikationen für die Begegnungs- und Beziehungsqualität in Coaching und Beratung werden im zweiten Teil des Textes thematisiert.

Stützle-Hebel, Monika (2020): „Sei ganz da!“ Eine feldtheoretische Konzeption von Gegenwärtigkeit als Grundprinzip agiler Arbeitsformen. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 299-312. 

Abstract: Ausgehend von den Anforderungen an das Arbeiten in agilen Teams wird mithilfe gruppendynamischer und feldtheoretischer Konzepte herausgearbeitet, welche Faktoren die Arbeitsfähigkeit von Einzelnen und Teams befördern und auf welche Weise diese gefährdet werden können. Gegenwärtigkeit – eine hohe Aufmerksamkeit im Hier-und-Jetzt – erscheint dabei als eine zentrale Bedingung der Arbeitsfähigkeit agiler Teams. In einem letzten Schritt werden Überlegungen angestellt, wie Coaching diese Gegenwärtigkeit und damit die Arbeitsfähigkeit agiler (und anderer) Teams herstellen und unterstützen kann.

Diller, Sandra J., Jonathan Passmore, Hazel J. Brown, Siegfried Greif & Eva Jonas (2020): Become the best coach you can be: the role of coach training and coaching experience in workplace coaching quality and quality control. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 313-333. 

Abstract: Dieser Beitrag untersucht den Zusammenhang von Coachingausbildung oder Coachingerfahrung und Qualität sowie Qualitätskontrolle des Coachings. In zwei großen Studien wurden Coaches (N1 = 2267) und Personalmanager, die Coaches auswählen (N2=754), zur Qualität und Qualitätskontrolle der Coachings befragt. Die Ergebnisse zeigen eine bessere Coachingqualität und mehr Qualitätskontrolle bei länger ausgebildeten Coaches. Es ist bemerkenswert, dass mehr Coachingerfahrung nicht zu mehr von außen wahrgenommener Coachingqualität und Qualitätskontrolle führten. Des Weiteren zeigte Studie 2, dass Referenzen zwar die Weiterempfehlung positiv beeinflussen, jedoch ebenso nicht die Coachingqualität und Qualitätskontrolle vorhersagten. Daher ist eine fundierte Coachingausbildung ein wichtiger Faktor bei der Auswahl von Coaches. Dennoch benötigt es zukünftige Forschung, um verschiedene Coachingausbildungen zu vergleichen.

Mohr, Günther (2020): Organisationsentwicklung aus politischen Gründen am Beispiel der Geschlechterquote. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 335-346. 

Abstract: Der Artikel betrachtet einen Organisationsentwicklungsprozess, der nicht von innen heraus aus dem Unternehmen oder vom Markt, sondern durch eine gesellschaftspolitische Entscheidung angestoßen wurde: das Gesetz zur Geschlechterquote in Aufsichtsräten. Nach den bisherigen Erfahrungen hat die Geschlechterquote in Aufsichtsräten den Anteil der Frauen in diesem Führungsgre- mium erheblich erhöht. Damit werden auch neuere Untersuchungen zum Einfluss von Diversität in Führungsteams, insbesondere einem höheren Frauenanteil, auf die Leistungsfähigkeit und die Unternehmensresultate im Zusammenhang interessant.

Busse, Stefan (2020): Hybride Organisationen führen – das Beispiel Hochschule. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 347-364. 

Abstract: Hybridität ist ein organisationssoziologisch etabliertes Konzept, dass die Multirationalität moderner Organisationen abbildet. Hybride Organisation spiegelt die komplexen und widersprüchlichen Beziehungen zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Sektoren wider. Exemplarisch wird dies an der Organisation Hochschule skizziert. Der Ausganspunkt ist der seit 2008 durch das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) prämierte Hochschulmanager/in des Jahres. Hier werden Führungskompetenzen prämiert, die im Beitrag zu den Anforderungen eines multirationalen Managens und hybriden Führens in Beziehung gesetzt werden. Daraus ergeben sich interessante Anknüpfungspunkte für Beratungsbedarfe (Coaching und Supervision) in Hochschulen als hybride Organisationen.

Born, Marieke, Antonia Drews, Ulrike Bossmann, Julika Zwack & Jochen Schweitzer (2020): Vom Reflex zur bewussten Entscheidung. Die Wirkung eines Dilemma-Kompetenz-Trainings für mittlere Führungskräfte im Krankenhaus. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 365-382. 

Abstract: Wie Führungskräfte mit alltäglichen Dilemmata umgehen, hat Auswirkungen auf die individuelle und organisationale Ressourcenbilanz. Der Artikel untersucht Umgangsstrategien von mittleren Führungskräften mit Zwickmühlen im Krankenhaus, wie sich diese durch ein Dilemma-Kompetenz-Training verändern und wie sich dies wiederum organisational auswirkt. Die N = 69 befragten Führungskräfte wendeten reflexhafte und reflexive Strategien zur Bewältigung von Dilemmata oder daraus resultierenden Belastungen an. Die Evaluation des Trainings zeigt, dass es einen reflexiven Umgang mit Dilemmata fördert. Organisational wirkte sich dies positiv z.B. auf das Arbeitsklima und die Entscheidungsfähigkeit aus.

Khan-Gökkaya, Sidra & Mike Mösko (2020): Interkulturelles Coaching für geflüchtete Fachkräfte in Gesundheitsberufen: Entwicklung, Durchführung und Evaluation. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 383-399. 

Abstract: Geflüchtete Fachkräfte erleben verschiedene Barrieren auf dem Arbeitsmarkt, von denen einige in einem Interkulturellen Coaching adressiert werden können. Dieser Artikel beleuchtet die Entwicklung, Durchführung und Evaluation eines Interkulturellen Coachings für geflüchtete Personen in Gesundheitsberufen. Die Entwicklung und Erprobung des Coachings erfolgte stufenweise. Um das Coaching zu evaluieren, wurde ein multimethodales Studiendesigns gewählt. Die Ergebnisse zeigen, dass das Coaching nicht nur für die Integration in den Beruf, sondern generell für den Aufenthalt in Deutschland als hilfreich angesehen wird.

Schmidt-Lellek, Christoph (2020): Perspektiven für das Coaching nach der Corona-Krise. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 401-415. 

Abstract: Angesichts der aktuellen Corona-Krise sollten Coaches sich Gedanken machen, was in allen Lebensbereichen und speziell in den Arbeitswelten auf uns zukommen kann: Mit welchen Problemen, Konflikten oder Veränderungs- bedürfnissen und mit welchen neuen Ambivalenzen können wir rechnen? Welche besonderen Akzente können wir im Kontext von Coaching setzen? Hierbei können Trends, die schon lange erkennbar sind, eine Intensivierung oder Beschleunigung erfahren, und andererseits wird es vielleicht ganz neue Entwicklungen geben. In diesem Diskurs formuliert der Autor in Thesenform Annäherungsversuche zum Verständnis der psychosozialen Situation in der Krise und zu verschiedenen beratungsrelevanten Fragestellungen.

Bachmann, Thomas (2020): „Den guten Willen jagen“ oder den „guten“ Will Hunting ermutigen, sich zu zeigen. Rollenvorbilder für beraterische Interventionen. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 417-421. 

Abstract: Anhand der Therapeuten-Klienten-Konstellation im Film „Good Will Hunting“ (USA, 1997) wird die Schlüsselintervention des Therapeuten zum Beziehungsaufbau mit seinem devianten, von narzisstischen Verhaltensweisen geprägten Klienten beschrieben und analysiert. Es werden Grundelemente der Arbeitsbeziehung für Therapie, Coaching und Beratung dargestellt und Handlungsmöglichkeiten für die Praxis abgeleitet.

Schmidt-Lellek, Christoph (2020): Rezension – Robert Bering & Christiane Eichenberg (Hrsg.)(2020): Die Psyche in Zeiten der Corona-Krise. Herausforderungen und Lösungsansätze für Psychotherapeuten und soziale Helfer. Stuttgart (Klett-Cotta). In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 423-424. 

Philipps, Johannes (2020): Rezension – Franziska Lamott (2019): Schlüsselerfahrungen. Supervision im therapeutischen Strafvollzug. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 424-426. 

Deckers, Gerd (2020): Rezension – Ullrich Beumer (2019): Spätzünder oder Frühstarter? Männliche Existenzgründungen in der zweiten Lebenshälfte. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 426-428. 

Pumberger, Klaus (2020): Rezension – Dieter Frey (Hrsg.)(2019): Psychologie des Guten und Bösen. Licht- und Schattenfiguren der Menschheitsgeschichte – Biografien wissenschaftlich beleuchtet. Berlin (Springer). In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (3), S. 428-430. 


Heft 4

Kotte, Silja (2020): Intuition in der Beratung. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 435-438. 

Abstract: Der Begriff Intuition wird in einer Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungen verwendet, die einander teilweise sogar widersprechen: Intuition wird als Gefühlsentscheidung verstanden, als Geistesblitz oder Eingebung, als die mittels einer Inkubationszeit unbewussten Verarbeitens gereifte Einsicht („eine Nacht drüber schlafen“), als geronnene Erfahrung, als ein Wiedererkennen (Kahneman 2012, S. 237), als Einfühlungsvermögen, aber auch als fehleranfällige heuristische Form der Informationsverarbeitung, als Ausflucht vor einer vertieften, rationalen Auseinandersetzung und als Legitimation dafür, sich der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit und einer Begründung des eigenen Entscheidens und Handelns zu entziehen. Auch in der wissenschaftlichen Literatur gibt es viel Uneinigkeit, was genau unter Intuition zu verstehen sei, gerade weil das Forschungsfeld interdisziplinär ausgerichtet ist. Herauskristallisiert hat sich als gemeinsamer Nenner jedoch, dass unter Intuition in der Regel eine nicht bewusste, ganzheitliche, assoziative, affektiv geladene, oft schnelle Art und Weise, Informationen zu verarbeiten und zu Schlussfolgerungen zu kommen, verstanden wird (Dane und Pratt 2009; Hodgkinson et al. 2008; Mavor et al. 2010). Angesichts der mit der Intuition verbundenen Chancen und Risiken kommt zunehmend in den Blick, wovon die Qualität intuitiver Entscheidungen abhängt: Der Komplexitätsgrad der Entscheidung etwa spielt eine Rolle, genauso wie der Grad an Expertise und Erfahrung der Entscheider/innen, ihr Stresslevel und die Umgebungsbedingungen.

Jonas, Eva, Anna Moser & Markus Quirin (2020): Erster Eindruck oder sechster Sinn? Supervision und Coaching im Spannungsfeld zwischen Intuition und Reflexion. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 439-454. 

Abstract: Der Beitrag untersucht das Spannungsfeld zwischen Reflexion und Intuition, welches sich durch die hohe Komplexität von Beratungssituationen ergibt. Auf Grundlage der Theorie der Persönlichkeits-System-Interaktionen (PSI) unterscheiden wir eine niedere und eine höhere Form von Intuition, um einer undifferenzierten Verwendung des Begriffs Intuition entgegenzuwirken. Dazu werden Zwei-Prozess-Modelle der Informationsverarbeitung erweitert, welche lediglich zwischen bewusst-analytischen und unbewusst-assoziativen Prozessen unterscheiden. Eine zusätzliche Differenzierung bietet Lösungen für Berater/innen, die zwar nach einer Vereinfachung komplexer Beratungssituationen suchen, gleichzeitig aber dem Reflexionsanspruch der Beratungsformate Coaching und Supervision gerecht werden wollen.

Kotte, Silja, Alessa Müller & Isabell Diermann (2020): Intuition in der Eingangsdiagnostik im Coaching – Empirische Einblicke in die Rolle der Intuition aus der Sicht von Coaches. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 455-470. 

Abstract: Intuition wird insbesondere in der Praktikerliteratur als zentraler Bestandteil von Coaching beschrieben. Empirische Befunde zu Nutzen und Rolle der Intuition im Coaching sind dagegen rar. Der vorliegende Beitrag stellt die Ergebnisse zweier Studien zur Eingangsdiagnostik im Coaching, speziell zur Rolle der Intuition im Rahmen der Eingangsdiagnostik, vor. Auf Basis einer qualitativen Interviewstudie konnten fünf „Intuitions-Typen“ identifiziert werden sowie Strategien, die Coaches einsetzen, um zu vermeiden, dass ihre Intuition sie fehlleitet, und zu erreichen, dass sie ihre Intuition möglichst wirksam einsetzen können. Die Ergebnisse einer quantitativen Fragebogenerhebung zeigen, wie häufig Intuition in der Eingangsdiagnostik genutzt wird und mit welchen Vorgehensweisen bei der anfänglichen Exploration sie zusammenhängt. Die Ergebnisse werden in Bezug gesetzt zum Stand der Forschung, und es werden Implikationen und Reflexionsimpulse für die Praxis abgeleitet.

Kohlmann, S. (2020): Bewusstes und unbewusstes Denken von Experten und Novizen: Eine empirische Studie zur Qualität von Personalauswahlentscheidungen und Implikationen für die Beratung. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 471-485. 

Abstract: Die „Theorie des unbewussten Denkens“ (UTT) postuliert, dass Menschen in komplexen Situationen bessere Entscheidungen treffen, wenn sie unbewusst-intuitiv und nicht bewusst nachdenken. Inwieweit sich diese, fast ausschließlich im Bereich der Konsumgüterentscheidungen geprüfte Annahme, auch auf die Entscheidungsarbeit von Recruitern, Beratern oder Coaches übertragen lässt und welche Rolle hierbei ihrer Expertise zukommt, ist bisher weitgehend ungeklärt. In diesem Beitrag werden die UTT sowie die Relevanz der Expertise für intuitive Entscheidungen theoretisch hergeleitet und mit Hilfe eines Experiments in der Personalauswahl empirisch fundiert. Die experimentellen Ergebnisse sowie die Implikationen für die Beratung weisen darauf hin, dass unbewusstes Denken den Entscheidungsprozess eines Recruiters bzw. Beraters begünstigen kann, sofern dieser über eine hinreichend validierte Expertise verfügt.

Ehrenthal, Johannes C., Heidi Möller & Jannik Zimmermann (2020): Brüche der Arbeitsbeziehung in Coaching und Supervision. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 487-501. 

Abstract: In Coaching und Supervision ist die Arbeitsbeziehung zentraler Wirkfaktor. Zwischenmenschliches Geschehen ist aber auch eine Bühne für Störfaktoren, die es zu handhaben gilt. In diesem Beitrag wird das aus der Psychotherapieforschung stammende Konzept der Brüche der Arbeitsbeziehung und ihrer Reparatur vorgestellt. Hierzu gehen wir auf das „Rupture Resolution Rating System“ (3RS) ein, das Spannungsphänomene systematisiert, die Qualität einzelner Brüche veranschaulicht und für die Prozessforschung zugänglich macht. Anschließend wird das Phänomen der Brüche auf den Kontext von Coaching und Supervision übertragen und mit theoretischen und praktischen Implikationen für die Beratung abgerundet.

Csef, Herbert (2020): Weibliches Derailment. Karrierefrauen im Schatten der dunklen Triade. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 503-514. 

Abstract: Bislang wurden Derailment und Führungsversagen in der Fachwelt überwiegend bei männlichen Führungskräften diskutiert. Mit der Zunahme von Frauen in Führungspositionen stellt sich die Frage, ob, in welcher Form und in welchem Umfang Derailment auch bei weiblichen Führungskräften vorkommt. Mittlerweile gibt es erste empirische Studien zur Ausprägung der „dunklen Triade“ bei weiblichen Führungskräften. Einige prominente Fälle von Derailment wurden in den letzten Jahren intensiv in den Medien diskutiert. Die Unternehmerin Elizabeth Holmes erwies sich als die größte Hochstaplerin und Betrügerin. In Europa wurden mehrere Direktorinnen von renommierten Forschungseinrichtungen oder Universitäten wegen Mobbing und Derailment suspendiert.

Diller, S. J., C. Stadlinger, I. Eberhard & E. Jonas (2020): „Ich bin perfekt – ich brauche kein Coaching!“. Ein Review über Klienten mit narzisstischen Tendenzen. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 515-526. 

Abstract: Bisher wurden Schwierigkeiten im Coaching wenig erforscht. Dieser Beitrag berichtet daher von Forschung, die zeigt, welche Herausforderungen im Coaching von Klienten mit narzisstischen Tendenzen auftreten können. Klienten mit narzisstischen Tendenzen wurden von den Coaches der Studien nicht nur als schwierig erlebt, sondern führten bei den Coaches auch zu impliziter Angst und Disstress. Dieses Ergebnis zeigt die Notwendigkeit von erfolgreichen Coaching-Strategien im Umgang mit narzisstischen Klienten auf. Eine mögliche Strategie, um als Coach nach solch einem Klienten die entstandene Angst und Disstress zu reduzieren, ist laut ersten Studien das Praktizieren von Achtsamkeit.

Hermann, Ursula (2020): „Was macht ihr, der Patient stirbt sowieso!“. Forschungssupervision im Feld der Hospiz- und Palliativversorgung. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 527-537. 

Abstract: Welche Themenfelder zeigen sich, wenn Supervision im Feld der Hospiz- und Palliativversorgung im Forschungsfokus steht? Wie erleben Palliativteams ihre Arbeitsanforderungen auf organisationaler wie individueller Ebene? Nach einer Einführung ins Feld von Palliative Care und der Beschreibung des Forschungsdesigns werden zwei der erhobenen Themen dargestellt: die widersprüchliche Zuweisungspraxis der Gesundheitsorganisationen zum Angebot Palliative Care und das Thema Abschied, das gerade in diesem Feld auf einer professionellen wie individuellen Ebene Zeit und Aufmerksamkeit erfordert.

Feustel-Liess, Ernestine (2020): Transferphänomene eines Design Thinking-Workshops und Ansätze für eine mehrdimensionale Innovationsberatung. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 539-549. 

Abstract: Von zahlreichen Agenturen wird Innovation und Unternehmenswandel mittels des Design Thinking-Verfahrens versprochen, zunehmend auch über Online-Angebote. Die Transferphänomene eines Design Thinking-Workshops können vielfältig sein, und nicht immer gelingt die Implementation der erarbeiteten Innovation. Zu diesem Ergebnis kommt die qualitative Studie der Autorin. In den befragten Unternehmen sind Effekte und Hürden des Innovationstransfers auf unterschiedlichen organisationalen Ebenen zu beobachten, organisationsdynamische Zusammenhänge werden oft nicht ausreichend berücksichtigt. Dieser Beitrag entwickelt aus organisationstheoretischer Sicht und beraterischer Praxis Ansätze für eine mehrdimensionale Innovationsberatung.

Willke, Helmut (2020): Zur Rationalität der Intuition. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 551-563. 

Abstract: Immer dann, wenn eine Entscheidungssituation zu schwierig, zu unübersichtlich, zu drängend, insgesamt also zu komplex erscheint, muss Entscheiden nach Intuition als Erklärung oder als Ausrede herhalten. Da niemand weiß, was nun genau Intuition ist, vielmehr sie irgendwie mit Gefühl, Bauch, Unbewusstem, Vorrationalem etc. zusammenhängen soll, eignet sich Intuition bestens dafür, Unerklärliches zu erklären. Ausgangspunkt dieses Textes ist, dass es sich bei Intuition um einen Modus der Entscheidungsfindung handelt. Es werden daher Argumentationen unterschiedlicher Entscheidungstheorien genutzt, um zu begründen, dass auch intuitives Entscheiden erfahrungsbasiertes Entscheiden ist.

Möller, Heidi, Alina Rank & Jan Freese (2020): Künstler in Corona-Zeiten. Gespräch mit Alina Rank, freie Schauspielerin, und Jan Freese, freier Bühnenbildner, Berlin. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 565-576. 

Abstract: In unserem Corona-Stream geht es in diesem Heft um die existentiell mit am härtesten getroffene Gruppe der freien Künstler/innen. Der Diskurs geht der Frage nach, wie verarbeiten Menschen, die von einem Tag auf den anderen ohne Arbeit dastehen, diese Krise? Wie sieht ihr inneres Erleben aus und welche Antworten finden sie auf die Herausforderungen der Pandemie?

Belardi, Nando (2020): Rezension – Frank Matakas (2020): Psychodynamik der Schizophrenie. Symptomatik, Entwicklung, Therapie, Bedeutung. Stuttgart (Kohlhammer). In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 577-579. 

Webers, Thomas (2020): Rezension – Björn von Schlippe & Arist von Schlippe (2020): Mehr als Unsinn: Eine kleine Erkenntnistheorie des Witzes. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht). In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 579-580. 

Drescher Rodriguez, Celina (2020): Rezension – Birgitte Bonnerup & Annemette Hasselager (2019): Love and loneliness at work. An inspirational guide for consultants, leaders and other professionals. Abingdon, UK (Routledge). In: Organisationsberatung Supervision Coaching, 27 (4), S. 580-582. 

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