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Flasche ist traurig: Sucht als Beziehungsdrama im Film „Alki Alki“

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In ausgewählten Kinos läuft in dieser Saison der Film „Alki Alki“ und Gila Klindworth, Geschäftsführerin der Systemischen Gesellschaft, hat sich ihn für systemagazin angesehen und empfiehlt ihn weiter.

 

Gila Klindworth, Berlin: Flasche ist traurig: Sucht als Beziehungsdrama im Film „Alki Alki“

Seit Mitte November läuft der „systemische“ Film „Alki Alki“ von „Spielleiter“ Axel Ranisch in unseren Kinos:
Tobias und sein bester Kumpel Flasche sehen sich ähnlich und haben eine innige Beziehung zueinander. Flasche weicht Tobias nicht von der Seite, feiert mit ihm ekstatische Parties, bringt ihn volltrunken nach Hause und legt sich mit Tobias und seiner Frau zusammen ins Bett. Der wird es dabei auch schon mal zu eng und zu stinkig, so dass sie aus dem Schlafzimmer flüchtet.

Die Folgen der innigen Freundschaft zwischen den beiden sind für ihre Umwelt irgendwann so unerträglich, dass Tobias unter Druck gerät und auf die fixe Idee kommt, Flasche aus seinem Leben zu verbannen, mag der sich wehren wie er will. Aber bald hat Flasche wieder die Oberhand, und so nimmt das Alkoholikerdrama seinen gewohnten Gang. Tobias verliert Job und Familie und geht in eine Entziehungsklinik. In einer Gruppentherapie trifft er andere Abhängige: Die medikamentensüchtige alte Frau kommt mit ihrem Arzt als „bestem Freund“, die hübsche, sinnliche Frau an der Seite des jungen Mannes verkörpert dessen Sucht nach dem Alkohol …

Es werden Gesprächsausschnitte sowie Szenen von Körperübungen der Gruppe gezeigt, es ist die Rede von Lösungsorientierung und Tobias macht eine Aufstellung. Der Freund und Kompagnon Thomas kommt zu Besuch und findet die Therapie und dieses „Gar-nichts-Trinken“ Quatsch, doch Tobias bleibt bei seinem Vorsatz, ganz ohne Alkohol auszukommen. Und Flasche fühlt sich abgelehnt und ist traurig.

Dann kommt die Familie zu Besuch, und während Tobias sich seiner Frau Anika zuwendet und Flasche so gut es geht ignoriert, macht der sich an seinen ältesten Sohn ran. Dieses Bild von Flasche, der mit dem Sohn turtelt, ist besonders eindrucksvoll. Tobias und Anika lassen die beiden und die anderen Kinder allein und gehen zum Gespräch mit der Therapeutin. Diese äußert sich „sehr psychomäßig“ (Gelächter im Kinosaal) und besteht darauf, dass Anika ihrem Tobias einige von der Therapeutin vorgegebene Sätze sagt, wie z. B. „Ich verzeihe dir.“ Den zweiten Satz wiederholt Anika nicht, sondern sagt: „ich will dich nicht zurück.“

Ohne die Familie ist Tobias wieder hin- und hergerissen zwischen seinem Vorsatz, ohne seinen besten Kumpel zu leben, und seiner Einsamkeit ohne ihn. In einem Showdown kommt es zu einem Kampf, den Tobias gewinnt, und dann doch wieder nicht …

Der Film hat mir zwar in Bezug auf die Geschichte selbst keine Aha-Erlebnisse bereitet, erzählt im Prinzip die klassische Alkoholikerstory, aber er erzählt es mit einem systemischen Blick. epd-Film kritisiert, dass nur am Rande behandelt wird, wie Frau und Kinder sich mit dem Problem auseinandersetzen. Aber die Hauptfiguren sind eben andere: Tobias und Flasche, und es geht um deren Beziehungsdrama. Der Kontext hat großen Einfluss auf diese Beziehung, aber er ist fragiler, als die Beziehung von Tobias zu Flasche, dem er nicht entkommen kann. Allerdings ist Tobias seinem Freund nicht ausgeliefert und sucht nach Wegen, die Beziehung selber zu gestalten.

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