systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

Familiendynamik 2005

Retzer, Arnold (2005): Editorial: Tod und Familie. In: Familiendynamik 29 (1): 1-3.

Bednarz, Anja (2005): Mit den Toten leben. Über Selbst-Sein und das Sterben eines Anderen. In: Familiendynamik 29 (1): 4-22.

abstract: In dem vorliegenden Artikel befasse ich mich mit der Bedeutung des Todes einer engen Bezugsperson für die Sicht eines Menschen auf sich selbst. Grundlage meiner Überlegungen bildet meine empirische Studie über Deuten und Handeln im Hinblick auf das Sterben eines signifikanten Anderen, in der die Perspektive der Nachbleibenden im Vordergrund steht. Zwei zentrale Aspekte aus dieser Studie stelle ich hier vor. Menschen erleben den Tod eines nahe stehenden Anderen im Bezug zu sich selbst. Die Frage »Wer bin ich?« muss nach dem Tod eines Gegenübers in anderer Weise beantwortet werden als zuvor, wenn der Andere als Bestandteil der eigenen Persönlichkeit erlebt wird. Identität stellt sich hier als die Beziehung zwischen Menschen dar. Der Bedrohung der eigenen Identität durch den Tod des Anderen wird die Herstellung von Dauer entgegengesetzt. Mittels äußerer und innerer Zeichen wird somit Kontinuität für die Toten, aber auch für sich selber gesichert. Die Wirklichkeit der Toten wird aufrechterhalten, indem Erinnerungen gemeinsame Vergangenheit hervorbringt und die Beziehung immer wieder bekräftigt. Verschiedene Vergegenwärtigungen der Toten dienen dazu, die Toten als bedeutsame Andere über ihren Tod hinaus zu bewahren, damit die Beziehung zu ihnen Bestandteil der Identität der Überlebenden bleiben kann.

Retzer, Arnold (2005): Tod und Töten in der Familie. Opfer – Täter – Erinnern – Vergessen. In: Familiendynamik 29 (1): 23-43.

abstract: Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod und dem Tod anderer und die Herausforderungen eines Lebens im Angesicht oder mit dem Tod werden dargestellt. An mehreren Fallbeispielen werden der Tod und das Töten von Familienmitgliedern als familiäres Geschehen beschrieben. Abschließend wird die Frage des Verhältnisses von Erinnern und Vergessen als Überlebensstrategie im Angesicht von Tod und Schuld diskutiert.

Boss, Pauline G. G. (2005): Unklarer Verlust: Arbeit mit Familien von Vermissten. In: Familiendynamik 29 (1): 44-50.

abstract: In Gesellschaften, in denen die Kontrolle und die Beherrschung der Verhältnisse hohe Werte sind, herrscht die Tendenz vor, einen Abschluss für etwas zu finden, Antworten zu finden, das Problem einzuschätzen, zu definieren und einer schnellen Lösung zuzuführen. Die Situation uneindeutiger Verluste ist daher sowohl ein Skandal als auch eine tiefgreifende Herausforderung. Dies zeigten besonders der 11. September und die Situation in New York, wo die Menschen nach einem Beweis des Todes der von ihnen Vermissten suchten. Die therapeutische Herausforderung besteht in der Frage: Wie können wir Familien helfen, mit ihrem Verlust umzugehen, wenn sie nie einen Beweis für den Tod haben werden oder einen Körper, den sie beerdigen können? Das Konzept des uneindeutigen Verlustes kann in dieser Situation hilfreich sein auch über den engen therapeutischen Kontext hinaus.

Sobel, Susan & C. Brookes Cowan (2005): Uneindeutiger Verlust und entrechteter Schmerz. Die familiäre Belastung prädiktiver Gendiagnostik. In: Familiendynamik 29 (1): 51-68.

abstract: Es stehen zunehmend mehr DNA-Tests zur Verfügung, mit deren Hilfe das Vorhandensein einer ererbten Krankheit bei asymptomatischen Patienten diagnostiziert werden kann. Die Aussagen dieser Tests haben AUswirkungen für alle Familienmitglieder. In einer Studie untersuchten wir die enorme Belastung, die die prädikative Gendiagnostik, hier bei der Chorea Huntington, auf die Familien hat. Im Mittelpunkt stand ein mit der Test-Situation einhergehendes Gefühl von Verlust und Schmerz. Die Beschreibung dieser Verlustgefühle erfolgt mit Hilfe des von Boss entwickelten Konzepts »uneindeutigen Verlustes«, des von Doka beschriebenen »entrechteten Schmerzes« und des »vorwegnehmenden Schmerzes« und der »vorweggenommenen Trauer« von Rolland. Diese Konzepte legen klinische Interventionen nahe, mit denen betroffenen Familien geholfen werden kann, mit den psychosozialen Folgen des Testergebnisses zu leben.

Assmann, Jan (2005): Das Paar, die Liebe und der Tod: Der Mythos von Isis und Osiris. In: Familiendynamik 29 (1): 69-95.

abstract: Im altägyptischen Totenritual und dem Mythos, der darin in Szene gesetzt wird, geht es um Familiendynamik. Der Mythos handelt von Familienbeziehungen, die einerseits tödlich, andererseits todüberwindend wirken, das Ritual hat sich die Heilung des Todes zum Ziel gesetzt, indem es den Mythos auf den jeweiligen Todesfall abbildet. Die Rollen im Mythos wie im Ritus entsprechen familiären Bindungen: Gattin, Sohn, Schwester und Bruder. Es geht darum, das durch den Tod zerrissene Beziehungsnetz, das allein nach ägyptischer Anschauung einem Menschen Leben zu spenden (und daher auch Tote zu beleben) vermag, wieder herzustellen.

Rentschler, Michael (2005): Rezension – Wolf-Peter Kächelen (2004): Tatau und Tattoo. Eine Epigraphik der Identitätskonstruktion. Aachen (Shaker Verlag). In: Familiendynamik 29 (1): 96-97.

Grossmann, Konrad Peter (2005): Rezension – Helmut de Waal & Christoph Thoma (2003): Wege aus der Elternfalle. Steyr (Ennsthaler). In: Familiendynamik 29 (1): 97-99.

Riehl-Emde, Astrid (2005): Rezension – John M. Haynes, Axel Mecke, Reiner Bastine & Larry S. Fong (2004): Mediation – Vom Konflikt zur Lösung. Stuttgart (Klett-Cotta). In: Familiendynamik 29 (1): 99-103.

Prankel, Bernhard & Ulrich Clement (2005): Editorial: Kinder, Kinder. In: Familiendynamik 30 (2): 107-110.

Largo, Remo H. & Oskar G. Jenni (2005): Das Zürcher Fit-Konzept. In: Familiendynamik 30 (2): 111-127.

abstract: Das Zürcher Fit-Konzept hat die folgenden Zielsetzungen: Dem Kind zu helfen, – seine Stärken zu verwirklichen, – seine Schwächen zu akzeptieren und zu lernen, damit umzugehen, – ein gutes Selbstwertgefühl zu entwickeln. Um diese Ziele zu erreichen, sind die folgenden drei Hauptbedürfnisse des Kindes zu befriedigen: Emotionale Sicherheit: Die psychischen und körperlichen Bedürfnisse werden ausreichend befriedigt. Kontinuität und Zuverlässigkeit der Betreuung sind gewährleistet. Soziale Akzeptanz: Das Kind erhält ausreichend Zuwendung und fühlt sich von den Bezugspersonen und den andrern Kindern akzeptiert. Entwicklung: Die soziale und materielle Umgeung ermöglicht es dem Kind, sich seinem Entwicklungsstand entsprechend zu entwickeln. Das Kind ist in seinen Kompetenzen gemäß selbstbestimmt und macht dabei die Erfahrung, dass es erfolgreich sein kann, selbstständig lernen und Probleme zu lösen vermag. Das Zürcher Fit-Konzept findet in der Erziehungsberatung und in der Beratung von Eltern und Fachleuten im Umgang mit entwicklungs und verhaltensgestörten Kindern Verwendung.

Swenson, Cynthia C. & Scott W. Henggeler (2005): Die multisystemische Therapie: Ein ökologisches Modell zur Behandlung schwerer Verhaltensstörungen bei Jugendlichen. In: Familiendynamik 30 (2): 128-144.

abstract: Die multisystemische Therapie (MST) für Jugendliche mit schweren Verhaltensstörungen ist ein Ansatz, dessen Wirksamkeit empirisch belegt ist und der auf die Familie und die Umwelt der Betroffenen fokussiert. Der Erfolg der MST beruht auf einem soliden theoretischen und methodologischen Fundament, auf einer guten praktische Umsetzung und einem eigenen Qualitätssicherungssystem. Im vorliegenden Beitrag werden zunächst die theoretischen und wissenschaftlichenGrundlagen der MST und die Ergebnisse der Wirksamkeitsstudien dargestellt. Sodann werden die Umsetzung der MST und das Qualitätssicherungssystem beschrieben. Schließlich werden die derzeitigen Ansätze skizziert, die MST auf den klinischen Alltag zu übertragen und unter sorgfältiger wissenschaftlicher Begleitung auf weitere Zielgruppen auszudehnen.

Prankel, Bernhard (2005): Strukturen der Entwicklung Ein integratives Modell für Reifungsprozesse. In: Familiendynamik 30 (2): 145-183.

abstract: Im vorliegenden Beitrag wird versucht, den immanenten Bezug zwischen grundlegenden empirischen und Entwicklungsstrukturen zu konzeptualisieren. Anhand gegenwärtiger entwicklungspsychologischer und therapeutischer Forschungskenntnisse werden die zentralen Reifungsziele Bindung Ressourcen und Verantwortung sowie eine neue Systematik der Entwicklungsmethoden plausibel eingeführt. Die Entwicklungsprinzipien werden sodann aus den folgenden Sätzen (Propositionen) auch deduktiv abgeleitet: (1) Leben wird als eine komplexe Struktur definiert, die mit ihrer Umwelt Materie Energie und Information austauscht. (2) Die Schnittstelle, an der dieser Austausch stattfindet, besteht aus einem Rückkopplungssystem wahrnehmungskontrollierter Handlung. (3) Während der Evolution und auch im Laufe der individuellen Reifung muss die Funktion dieser Schnittstelle den Status eines verlässlichen Messinstrumentes anstreben, denn nur wenn der Organismus zufällige und systematische Fehler im Austausch mit seiner Umwelt auf lange Sicht vermeidet, sichert er die Wirkung seiner Lebensfunktionen. Gelten diese Annahmen, dann muss es innerhalb der Entwicklung Strukturen geben, welche die messtheoretischen Forderungen der Objektivität, Reliabilität und Validität gewährleisten. Es zeigt sich, dass diese Forderungen den vorher induktiv eingeführten zentralen Entwicklungsprinzipien (Bindung, Ressourcen, Verantwortung) entsprechen. Einige klinische Implikationen dieses neuen und möglicherweise integrativen Entwicklungsmodells für die Diagnostik, die Intervention sowie gesundheits- und sozialpolitische Aufgaben werden skizziert.

Gergen, Kenneth J. & Eugene K. Epstein (2005): Von der Behandlung zum Dialog. Reflexive Kooperation in Theorie und Praxis. In: Familiendynamik 30 (2): 184-198.

abstract: Die Theorie des Sozialen Konstruktionismus diente den vielfältigen narrativen Ansätzen in der Psychotherapie als theoretische Leitfigur. Fragen zu (Definitions-)Macht, zu multiplen und widersprüchlichen Wirklichkeiten sowie zu Erweiterungen von Kooperationsmöglichkeiten sind dadurch in den Mittelpunkt therapeutischen Arbeitens gerückt. Mit dem Konzept der reflexiven Kooperation, vorgestellt als ethische wie auch als berufspraktische Haltung, wollen wir diese Überlegungen fortführen. An zwei klinischen Fallbeispielen zeigen wir das therapeutische Potenzial dieses Konzeptes und entwickeln einen ersten Entwurf für ein diskusives Vokabular der reflexiven Kooperation.

Boeckhorst, Frans (2005): Zeitwelten in der psychiatrischen Arbeit. In: Familiendynamik 30 (2): 199-216.

abstract: Entwicklung wird häufig als eine lineare Bewegung mit Blick auf ein zukünftiges Ziel verstanden. Dies wird jedoch einer komplexen psychiatrischen Problematik nicht immer gerecht. Die beiden Konzeptionen einer »zyklischen Entwicklung«, in er es um Wiederholung geht, und einer »langsamen Entwicklung« hin zu Chronizität helfen, die komplexeren »Zeitwelten« besser zu verstehen. Der vorliegende Artikel beschreibt den Nutzen dieser Ideen für die psychiatrische Arbeit.

Clement, Ulrich (2005): Editorial: Coaching. In: Familiendynamik 30 (3): 231-233.

Lauterbach, Matthias (2005): Wenn Führungskräfte seekrank werden. Gesundheitsorientierung als Konzept im Coaching. In: Familiendynamik 30 (3): 234-261.

abstract: Die berufliche Situation von verantwortungs- und Leistungsträgern hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Kennzeichen ist ein hohes Niveau an Herausforderungen und Stress, das auch zu gesundheitlichen Risiken führt. Dies spiegelt sich inden Anliegen, die zu Coachingprozessen führen. EIne Gesundheitsorientierung von Coachingprozessen liegt deshalb nahe. Dazu ist allerdings ein Gesundheitsverständnis notwendig, das weit über die »Abwesenheit von Krankheit« hinausgeht und Sinnfragen und Lebensbalancen ebenso erfasst wie die »klassischen« Gesundheitsfelder, wie Bewegung, Ernährung, Entspannung und Stressprotektion.
In dem folgenden Beitrag wird nach einer entsprechenden Definition von Gesundheit der Transfer in Coachingprozesse geleistet. Auf diesem Weg werden nützliche Orientierungsraster und Landkarten für den Coach erzeugt. Die Konzepte der Salutogenese und der Lebensbalance dienen dabei als konkrete Ansätze für die Umsetzung der Gesundheitsorientierung im Coaching. Besonders eingegangen wird auf das Thema Stress, Stressfolgen und Stressbewältigung sowie die Bearbeitung dieser Thematik im Coaching. Fallbeispiele illustrieren diesen Arbeitsansatz. Der Effekt von Coaching auf Parameter von Gesundheit wird zudem als ein wichtiger Evaluationspunkt verstanden.

Kaul, Christiane & Sebastian Krapoth (2005): Coaching von Leistungsträgern in der Industrie. In: Familiendynamik 30 (3): 262-277.

abstract: Coaching – eine hochgradig individuelle und »maßgeschneiderte« Form persönlicher Weiterentwicklung – wurde 1996 mit den Zielgruppen Topmanagement und Management bei Volkswagen eingeführt. Seither wurden mehr als 2500 Coachingprozesse durchgeführt, sowohl mit externen als auch internen Coaches. Die meisten der Prozesse sind individuelle 1:1-Coachings, ein Viertel Teancoachings. In diesem Artikel wird das Volkswagen-Konzept von Coaching vorgestellt und mit Beispielen von Team- und 1:1-Coachings illustriert. Die Beispiele behandeln zwei Themen, die häufiger Inhalt von Coaching sind: erstens Konflikte in der Kooperation, zweitens Anpassung an die Kultur des Unternehmens (in diesem Fall der Fehlanpassung). Es wird gezeigt, wie (interne) psychologische Coaches die Kunden dabei unterstützen können, Orientierung und einen neuen Blick auf die Problemlösung zu bekommen und zu entscheiden, wie sie ihre Probleme bewältigen wollen.

Martens-Schmid, Karin (2005): Die »ganze Person« im Coaching – Ambivalenzen und Optionen. In: Familiendynamik 30 (3): 278-293.

abstract: Coaching als personbezogene Beratungsform im Kontext beruflichen Handeln bewegt sich im Spannungsfeld der »ganzen Person« einerseits und der spezifischen beruflichen Rolle als einer Dimension darin andererseits. Damit verbinden sich auf Seiten der KlientInnen ambivalente Einstellungen gegenüber Coaching, die im Prozess reflektiert und nutzbar gemacht werden müssen. Im vorliegenden Beitrag wird das Konstrukt der »ganzen Person« im Coaching erläutert und auf diesem Hintergrund für ein methodisch und konzeptionell gehaltvolles Verständnis von Coaching plädiert.

Klein, Rudolf (2005): Entwicklungen in der suchttherapeutischen Publikationslandschaft seit 1980. In: Familiendynamik 30 (3): 294-315.

abstract: Was geben wir vor, über Menschen zu wissen, die eine süchtige Entwicklung genommen haben? Haben sich professionelle Haltungen, Annahmen und Behandlungsansätze in den letzten Jahren verändert? Wie werden mögliche Veränderungen in Beratung und Therapie sowohl in ambulanten als auch stationären Kontexten umgesetzt? Der Artikel nähert sich diesen und anderen Fragestellungen durch einen durchaus subjektiv gefärbten Streifzug durch die sucht spezifische Publikationslandschaft ab den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Clement, Ulrich, Arnold Retzer & Hans Rudi Fischer (2005): Wann ist ein Settingwechsel in der Therapie sinnvoll? In: Familiendynamik 30 (3): 316-321.

Fischer, Hans Rudi (2005): Editorial: Das soziale Gedächtnis der Familie. In: Familiendynamik 30 (4): 329-334.

Wyrobnik, Irit (2005): Familiengedächtnis und Holocaust – in Literatur und Familiengespräch. In: Familiendynamik 30 (4): 335-352.

abstract: Die Autorin geht den privaten, familiären Formen der Erinnerung an NS-Zeit und Holocaust nach, wie sie in Familien in Deutschland um die Jahrtausendwende vorzufinden sind. Dies geschieht zum einen mittels zweier Beispiele aus der Literatur, zum anderen werden neuere Forschungsergebnisse zur kommunikativen Weitergabe von Erinnerungen in Familiengesprächen aufgegriffen und reflektiert, insbesondere die zur Tradierung der Holocaust-Erinnerung durch Erzählungen im Familienzusammenhang. Hier bietet sich ein entgegengesetztes Bild: Während den literarischen Bearbeitungen (von Wibke Bruhns und Uwe Timm) der zeitliche Abstand offenbar erst erlaubt, sich öffentlich und kritisch mit der eigenen Familiengeschichte auseinanderzusetzen, so belegen Forschungsergebnisse (von Welzer u.a.), dass mit zunehmender Distanz vom Geschehen eine Verherrlichung («kumulative Heroisierung«) der Großelterngeneration seitens der erwachsenen Enkel stattfindet. Diese Forschungsergebnisse werden durch eine familientherapeutisch inspirierte Sichtweise und kritische Einwände in ein neues Licht gerückt. Zum Schluss werden mögliche Konsequenzen für die Bildungsarbeit angedeutet.

Welzer, Harald (2005): Das kommunikative Gedächtnis der Familie. In: Familiendynamik 30 (4): 353-369.

abstract: Wie wird Vergangenheit im Familiengespräch verfertigt? Welche Funktion hat das Familiengedächtnis für die Identität einer Familie? Diesen und anderen Fragen geht der Autor anhand der Ergebnisse eines Forschungsprojektes nach, das sich mit der Frage beschäftigt, wie in deutschen Familien über die Nazi-Zeit und den Holocaust gesprochen wird. Mittels Gesprächsausschnitten, der im Rahmen dieses Forschungsprojektes geführten Familiengespräche, beleuchtet der Autor die Fruchtbarkeit von Halbwachs‘ Konzept des Familiengedächtnisses. Um den transgenerationalen Zusammenhang der Familie herzustellen, sind von allen Beteiligten Zurichtungen des je selbst Erlebten, Erinnerten und Weitergegebenen notwendig, die sich aus dem je eigenen Sinnbedürfnis und Interessen ergeben.

Assmann, Aleida (2005): Grenzen des Verstehens. Generationsidentitäten in der neuen deutschen Erinnerungsliteratur. In: Familiendynamik 30 (4): 370-389.

abstract: Wie ist die Kluft in der Verständigung zwischen den Generationen zu verstehen? Wie bestimmt sich die Identität einer Generation gegenüber einer anderen und gegenüber dem Individuum? Wie können die Wahrnehmungs- und Erinnerungsstörungen einer ganzen Generation erklärt werden? Die Autorin sucht diese Fragen mit Hilfe der Gedächtnistheorie von Maurice Halbwachs zu beantworten. Anhand von Beispielen aus der neueren Erinnerungsliteratur zeigt sie, wie das Unausgesprochene, das Vergessene aus dem Unbewussten in die öffentliche Reflexion und vom privaten Familiengedächtnis ins kulturelle Gedächtnis zurückgeholt wird. Mittels ihrer Unterscheidung zwischen »Väterliteratur« und »Familienroman« belegt sie, dass die zentrale Ambivalenz im Generationenverhältnis die zwischen Bruch oder Kontinuität ist. Die Väterliteratur steht im Zeichen des Bruchs, der Abrechnung zwischen den Generationen, der Familienroman im Zeichen von Kontinuität und Integration.

Horn, Jürgen (2005): Depressive Störungen – Ursachen und Behandlung (Teil I). In: Familiendynamik 30 (4): 390-412.

abstract: Die Art zu sprechen, zu beschreiben, zu erklären und zu bewerten erzeugt im Laufe der Zeit manches, das uns nützlich, logisch, interessant, kurz anschlussfähig an unser Selbst- und Weltbild erscheint. Anderes bleibt exotisch, unglaubwürdig oder widersprüchlich – und wird von uns dann gerne verworfen. Im folgenden Beitrag soll in einem ersten Teil eine phänomenologische Annäherung an das Thema »Depression« versucht werden. Dabei sollen gerade jene Widersprüchlichkeiten, ja Schrulligkeiten, die sich im Feld der Depression ergeben, nicht ausgespart werden. Der Artikel beginnt mit der symptomatischen Oberfläche der Depression, untersucht dann den sozialen Nahraum der Depression – Familie und Ehe -, um schließlich einen Ausflug in die Biologie zu machen.

Clement, Ulrich, Hans Rudi Fischer & Arnold Retzer (2005): Wie komme ich aus einer Problem-Trance heraus? In: Familiendynamik 30 (4): 413-417.

Riehl-Emde, Astrid (2005): Rezension – Ulrich Clement: Systemische Sexualtherapie. In: Familiendynamik 30 (4): 418-420.

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